Samstag, 11. April 2015

neu: BWK_1948-67_1



Währungsreform und Wirtschaftswunder: Die BWK in der Nachkriegszeit

(1. Teil)




Westdeutschland vor der Währungsreform




Mit der bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 7. Mai 1945 war für Deutschland und damit auch für die BWK in Bremen-Blumenthal der Zweite Weltkrieg zu Ende. Dadurch hat sich die politische und wirtschaftliche Situation in Deutschland nach den Jahren der Weltwirtschaftskrise, des NS-Regimes und dem zuletzt totalen Krieg grundlegend geändert. Die Kämpfe mit den gefallenen und verwundeten Soldaten sowie den Bombardements der Städte waren zu Ende und auch das NS-Willkürregime mit den Vernichtungs- und Häftlingslagern für Juden und andere in der NS-Zeit diskriminierte Bevölkerungsgruppen war gestoppt. Es gab also, wie es vierzig Jahre später Bundespräsident von
 Richard von Weizsäcker in einer historischen Rede formulieren sollte, für die Deutschen keinen "Tag der Niederlage", sondern einen „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“.

Diese Sicht hat jedoch in der ersten Nachkriegszeit nicht das Leben der Mehrheit der deutschen Bevölkerung geprägt. So sprach man damals eher - ohne eine politische Wertung vorzunehmen - vom "Zusammenbruch" und einer "Stunde Null". Trotz dieser vorsichtig-skeptischen Grundhaltung überwog jedoch das Gefühl einer tiefen Erleichterung, da man wieder ohne Angst und Alarme schlafen und leben konnte.

Dabei gab es damals nicht unbedingt die Rückkehr zu einem Anfangspunkt, da Deutschland auch nach der Kapitulation weder seine Infrastruktur und seine Menschen noch seine Geschichte verloren hatte.

Das haben auch die Siegermächte so gesehen, die Deutschland für alle Zeiten daran hindern wollten, wieder eine militärische Großmacht zu werden. So sah damals zumindest ihr gemeinsames Sicherheitsinteresse aus. Hierfür steht der berüchtigte Morgenthau-Plan aus dem Jahr 1944, der zwar in den USA nicht weiter verfolgt wurde, aber in der NS-Propaganda den Durchhaltewillen der deutschen Bevölkerung verlängern sollte. Nach diesem Plan sollte Deutschland zu einem Agrarstaat ohne Industrie zurückentwickelt werden. 


Daneben verfolgten vor allem die Amerikaner jedoch eine Reeducation oder Umerziehungspolitik, indem durch den Aufbau demokratischer Institutionen und eine entsprechende Erziehung der Glaube an das Führerprinzip, die Rassenideologie und die weiteren Verstöße gegen einen demokratisch verfassten Rechtsstaat und die Menschenrechte beseitigt werden sollten. Dazu dienten vor allem die konkrete Aufarbeitung des Holocaust durch Kontakte mit den Opfern und den Aufbau von Gedenkstätten. Die Arbeiten vor allem von emigrierten deutschen Sozialwissenschaftlern wie Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Herbert Marcuse und Hannah Arendt etwa über die Folgen verschiedener Erziehungsmethoden und die Funktionen sozialer Vorurteile trugen schließlich zur breiten Erforschung des Weges bei, der Deutschland in die NS-Diktatur geführt hatte. Hierauf konnte ein neues, an demokratischen Werten orientiertes Erziehungs- und Bildungssystem aufbauen.

Nicht alle Deutschen sahen in diesen Maßnahmen die Politik von Befreiern und nicht von Siegern. "Nachkriegszeit" wurde daher in Westdeutschland zur umgangssprachlichen Zeitbestimmung für die Jahre nach dem „Zusammenbruch“ und zugleich eine Kontrastbeschreibung zur „Vorkriegszeit“, an die man mithilfe einer Verdrängung der unmittelbar vorangegangenen Jahre direkt anknüpfen wollte.


Demographie und Wirtschaft im Bremer Norden


Das waren wichtige Rahmenbedingungen für das Leben in Deutschland und auch in Blumenthal. Aber damit war das Land nicht völlig neu geworden. Es lebten weiterhin die Menschen, die den NS-Führern in den ehemals siegreichen Zeiten zugejubelt hatten. 
Das war eine politische Hypothek, mit der sich die langsam entwickelnde neue Demokratie beschäftigen musste.

Die NS-Politik und der Krieg hatten neben diesen ganz elementaren Eingriffen in das menschliche Leben große Teile der Wirtschaft vernichtet, aber nicht ausgelöscht. Das gilt, folgt man dem Historiker Lutz Niethammer, für den 

"Zuzug aus dem Osten und die Leistungsbereitschaft der auf ein elementares Existenzniveau herabgedrückten Bevölkerung", die "die Menschen- und Qualifikationsverluste des Krieges" "mehr als aufgewogen" haben.

Nachdem während der NS-Zeit bereits größere Teile der Bevölkerung umgesiedelt worden waren, setzte sich mit der deutschen Niederlage diese moderne Völkerwanderung fort.

Die nationalsozialistische Rassenpolitik und der Zweite Weltkrieg hatten nicht nur im Osten zu erheblichen Vernichtungs- und Umsiedlungsaktionen der Bevölkerung geführt. So wollten die Machthaber nicht nur die Juden als Volk vernichten, sondern auch durch ein gezieltes Aushungern von Polen und Russen erst den Lebensraum für Deutsche schaffen, der angeblich für ein "Volk ohne Raum", wie es damals hieß, benötigt wurde.

Um die Verluste der Zivilbevölkerung zu reduzieren und deren Versorgung besser sicherstellen zu können, kam es bereits während des Krieges zu praktischen Umsiedlungsmaßnahmen, die nicht nur die Soldaten an der Front betrafen. Daher mussten viele Stadtbewohner aufs Land umziehen, wo die Zerstörungen durch den Luftkrieg erheblich geringer und die Versorgung mit Wohnraum und Lebensmitteln deutlich leichter und besser waren.

Auf diese Weise hat auch ganz unabhängig von den Kriegstoten eine Stadt wie Bremen zwischen 1939 und 1945 deutlich an Einwohnern verloren. So ist in diesen Kriegsjahren die Zahl der Bremer um fast 150.000 oder ein Drittel gesunken.(vgl. Tabelle).

Erst 1950 erreichte Bremen, das als Hafen für die Versorgung der US-Army am 1.1.1947 Teil der US-Besatzungszone wurde, wieder die Einwohnerzahl von 1939. Danach ging dieses Wachstum dann weit
er, und Bremen übersprang 1956 die Schwelle von einer halben Million Einwohner.


Entwicklung der Einwohnerzahlen in der Stadt Bremen


Stichtag
Einwohnerzahl
31.12.39
431.800
01.07.45
289.221
31.12.45
366.427
29.10.46
385.266
31.12.47
405.624
13.09.50
444.549
25.09.56
507.952
Quelle: wikipedia


Ursachen dieser Entwicklung waren einerseits die Rückkehr vieler Bremer, die während des Krieges evakuiert worden waren oder aus der Kriegsgefangenschaft kamen, sowie die Zuwanderung von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie, die an Polen und die Sowjetunion abgetreten werden mussten, sowie auch aus der sowjetisch besetzten Zone (SBZ). 

Während ein großer Teil der Vertrieben aus den Ostgebieten in der angrenzenden SBZ aufgenommen wurde, wo sie fast ein Viertel der Bevölkerung stellten, war ihr Anteil in den drei westlichen Besatzungszonen deutlich niedriger. Hier betrug er in der amerikanischen und der britischen Zone ca. 15 %, während er in der französischen nochmals deutlich niedriger lag.

Allerdings verlief die Bevölkerungsentwicklung in diesen Jahren nicht einheitlich in Bremen. Sogar zwischen den drei nördlichen Stadtteilen gab es deutliche Unterschiede. So wuchs die Einwohnerzahl durch Kriegsrückkehrer und Vertriebene per Saldo in Blumenthals zwischen 1939 und 1951 von 19.250 auf 26.659, also um 38%, während es in Burglesum sogar 55% waren, in Vegesack hingegen nur 27%. (Weser-Kurier vom 1.11.1979)

In den 1950-er Jahren trat dann eine deutliche Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung ein. Zwischen 1951 und 1960 wuchs die Blumenthaler Einwohnerzahl nur um weitere 17%, womit sie sich erneut zwischen den Werten der beiden anderen Nordbremer Stadtteile bewegte. Diese Tendenz flachte in den folgenden 1960-er Jahren dann weiter ab.


Die Mangelwirtschaft zur Besatzungszeit



Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges hat sich die Versorgungssituation vor allem in den Stadtregionen der amerikanischen und britischen Besatzungszone gegenüber der Kriegszeit noch weiter verschlechtert, da in den zerbombten Städten auch die Vertriebenen und Flüchtlinge versorgt werden mussten. Dafür standen sogar noch weniger Lebensmittel zur Verfügung als vor dem Kriegsende. Es gab jetzt weder die vor allem im Osten erbeuteten Nahrungsmittel noch die Produkte von den großen landwirtschaftlich genutzten Flächen in Ostpreußen, Pommern und Niederschlesien. Stattdessen mussten jetzt die vertriebenen oder geflohenen Gutsbesitzer im Western ernährt werden.


Die Rationierung über Lebensmittelkarten


Da weder die zur Verfügung stehenden Wohnungen noch die Lebensmittel für eine Versorgung der Bevölkerung ausreichten, die Obdachlosigkeit und Hungertod ausschloss, setzte die Militärregierung die Zuteilungspolitik der Kriegsjahre fort. Es wurden Lebensmittel- oder Nährmittelkarten ausgegeben, die eine Verteilung nicht über freie Preise, sondern differenziert für verschiedene Verbrauchergruppen vorsahen. Entscheidendes Kriterium für die Einstufung in fünf Kategorien war dabei die Schwere der Arbeit, also der tägliche Kalorienverbrauch. Ende 1946 entsprach die vorgesehene Tagesration für erwachsene Durchschnitts- - oder wie es seit jener Zeit heißt -Normalverbraucher 1.550 Kilokalorien. Er lag damit eher unterhalb des Bedarfs an Kalorien, den jeder Mensch als "Grundumsatz" benötigt, d.h. wenn er keine Tätigkeit ausführt. Hier geht man bei einem 80 kg schweren Mann bereits von 1.900 Kilokalorien aus. Wer also bei seiner Ernährung ausschließlich auf die zugeteilten Rationen angewiesen war, musste damals hungern. Generell sprach man daher von einer Einweiß- und vor allem einer Fettlücke.



                             Lebensmittelmarken von 1950 (Quelle: wikipedia)


Die Zuteilung erfolgte nach öffentlichen Aushängen, in denen an den Wochenenden die für die jeweils nächste Woche käuflichen Waren „aufgerufen“ wurden. Hierzu zählten Rationen an Brot, Fleisch, Fett, Zucker, Kartoffeln, Salz, Bohnenkaffee und Kaffee-Ersatz. Auf den Karten waren, wie es das Foto oben zeigt, die einzelnen Produktmengen verzeichnet. Dabei standen etwa einem Arbeiter in Berlin u. a. täglich 65 g Fleisch, 15 g Fett und 60 g Kaffee bzw. Kaffeeersatz zu.

Auch wenn damit eine möglichst gerechte Verteilung der vorhandenen Menge nach dem Bedarf erfolgte, litt dieses System unter der geringen Menge an Lebensmitteln, die überhaupt verteilt werden konnte. So fehlten beispielsweise für die Bauern Anreize zur Steigerung der Produktion, zumal es nur wenig Dünger gab und die Pferde als Zugtiere mit den Menschen um das knappe Getreide konkurrierten.

Insgesamt war bei dem damaligen Stand der Landwirtschaft und den fehlenden Importen, für die Deutschland kaum Devisen besaß, da die Industrieproduktion am Boden lag, keine ausreichende Versorgung der Bevölkerung möglich.

Eine aufgrund der Zuteilung möglichst gerecht hungernde Bevölkerung musste so die deutsche Industrieproduktion wieder in Gang setzen, sodass mit den Deviseneinnahmen dringend benötigte Rohstoffe für die Wirtschaft und vor allem auch die notwendigen Lebensmittel für die Ernährung der Bevölkerung erarbeitet werden konnten.

Damals war ein Zusammenhang zwischen dem Hunger der Beschäftigten und ihrer physischen Leistungsfähigkeit offensichtlich. Deutsche Wirtschaftssachverständige versuchten diesen Zusammenhang auch den Siegermächten zu veranschaulichen. Das geschah beispielsweise durch den "Müller-Plan", den der Leiter des Zwei-Zonen-Verwaltungsrates für die Wirtschaft Dr. Rudolf Müller entwickelt hat.

Darin wurde die Leistungsfähigkeit der arbeitenden Bevölkerung in einer Modellrechnung ermittelt, wenn die tägliche Kalorienration bei 1.500 bzw. 2.000 kcal lag. 


Volumina ausgewählter ökonomischer Indikatoren in Mrd. RM bei unterschiedlich hohen Kalorienzuteilungen

Ökonomische Größe
1.500 Kilokalorien 
(kcal) täglich
2.000 Kilokalorien 
(kcal) täglich
Export
1,06
1,90
Importbedarf an Rohstoffen
1,03
1,30
Importbedarf an Lebensmitteln
1,37
1,825
Außenhandelsdefizit
1,34
1,225
Quelle: Weser-Kurier vom 14.12.1946.

Das Modell stellt vorrangig darauf ab, dass Deutschland als industrielles Exportland Lebensmittel und Industrierohstoffe importieren muss, um über Ausfuhren das Geld zu erwirtschaften, das es für diese dringend notwendigen Importe benötigt. Die mögliche deutsche Wertschöpfung hängt dabei nicht zuletzt von der Kalorienmenge ab, die den Beschäftigten und den übrigen Menschen zur Verfügung steht, die ebenfalls versorgt werden müssen. 

Auch wenn für die damalige industrielle Struktur bei den beiden untersuchten Modellannahmen ein Außenhandelsdefizit bestand, sank es mit einer besseren Nahrungsmittelversorgung. Damit war für die Wirtschaftsberater klar, dass die "schrittweise Gesundung der deutschen Wirtschaft" von einer Erhöhung der Lebensmittelrationen auf 2.000 Kilokalorien abhing. (Weser-Kurier vom 14.12.1946)

Nicht zuletzt haben diese Berechnungen sowie Bilder von der teilweise dramatischen Versorgungssituation in Deutschland für Hilfsmaßnahmen vor allem aus den USA etwa in Form von CARE-Paketen gesorgt. Allerdings mussten zuvor noch Verbote für derartige Hilfeleistungen aufgehoben werden. 

Dieser Mangel an Lebensmitteln und der Überhang an Geldvermögen, dem kein Warenangebot gegenüberstand, führte zu einem blühenden Schwarzmarkt, indem die hungrigen Städter zum "Hamstern" aufs Land fuhren.   

Ähnlich wie der Nahrungs- wurde damals auch der Energiebedarf bei der Zuteilung von Brennstoffen geregelt. 
In der Bundesrepublik Deutschland wurden die Lebensmittelkarten im Jahr 1950 abgeschafft.



Die ersten drei Jahre der westdeutschen Textil- und Wollindustrie nach dem "Zusammenbruch"



Der Beginn der „Nachkriegszeit“ wurde oftmals mit dem Terminus der Stunde Null verknüpft, die von den verbliebenen Anhängern des alten Regimes als Zeit der Rache der Sieger, der Vertreibung, der Vergewaltigungen, des Hungers und des Elends gesehen wird. Sachliche Gründe für eine negative Beurteilung gibt es jedoch nur für die ersten drei Nachkriegsjahre, die mit Erinnerungen an Hunger, Kälte, Mangelkrankheiten und Trümmerlandschaften verbunden sind. Anschließend begann dann mit der Währungsreform vom 21. Juni 1948 eine neue Phase der Wirtschaftsgeschichte, die üblicherweise als deutsches „Wirtschaftswunder“ bezeichnet wird.

In den drei westlichen Besatzungszonen sollte nach dem Willen der Militärregierung der Aufbau nach festen Vorgaben erfolgen, wobei für die BWK die Wollbewirtschaftung im Rahmen eines Textilplans von Bedeutung war.
Danach wollte die Militärregierung, nachdem der Maschinenbau aufgrund von Reparationsleistungen teilweise demontiert wurde, die Produkte der Textil- und Bekleidungsindustrie an der Spitze des deutschen Exports stellen. So war vorgesehen, 20% der hergestellten Spinnstoffe, die 10 kg pro Kopf betragen sollten, auszuführen. (Spiegel vom 2.1.1947)

Die wichtigsten sachlichen Voraussetzungen für diesen Aufschwung auch der Wollwirtschaft aus den Trümmern des Krieges waren durchaus vorhanden. So hatte die englische Regierung während des Krieges Rohwolle, die nicht gewaschen, gekämmt, gesponnen, gewebt und genäht werden konnte, vor allem aus seinen damaligen Dominions wie Australien, Südafrika und Neuseeland aufgekauft und gelagert. So wartete also der Wollbedarf von etwa drei Jahren auf eine nachträgliche Weiterverarbeitung zu Kammzügen.

Ähnlich günstig sah es bei einer potenziellen Nachfrage aus; denn die Endverbraucher warteten nach den Jahren des Mangels wieder auf Anzüge, Kostüme, Pullover, Schals und vieles mehr aus reiner Wolle.


Wie die wirtschaftliche Entwicklung der BWK während des Krieges erwarten ließ, als die reine Wolle immer mehr durch Mischgewebe und wenig beliebte Zellwolle ersetzt werden musste, bestand nach der Währungsreform eine große Nachfrage nach Kammzügen. So gab nach den Jahren von Wirtschaftskrise, Importbeschränkungen und Krieg nicht nur eine Eiweiß- und Fettlücke, also mit anderen Worten Fehl- und Unterernährung, sondern auch eine Faserlücke.

Es fehlten daher in erster Line organisatorische Wege, um eine Produktionsbrücke zwischen der vorhandenen gelagerten Rohwolle und dem potenziellen Bedarf an Wolltextilien herzustellen.

Für diese Aufgabe waren die Voraussetzungen bei der BWK in Blumenthal besonders günstig. Zwar hatte es hier bei einem Bombenangriff am 8.10.1943 auf das Werk 69 Tote gegeben, jedoch waren die Gebäude und die maschinelle 
Ausschüttung kaum zerstört worden. Hier konnten also die 1.200 der 1.850 überhaupt in den drei Westzonen vorhandenen Kammstühle mit der Produktion beginnen. Da die Arbeitsplätze nur teilweise eine längere Ausbildung erforderten, ließ sich mit dem vorhandenen Potenzial an Arbeitssuchenden die Produktion in Gang setzen. Es fehlte nur ein Lohnveredlungsauftrag mit der entsprechenden Menge an Rohwolle.

Der kam im März 1947 herein und die BWK konnte in den Gebäudeteile, die nicht von der US Army genutzt wurden und dem deutschen Management bereits zur Verfügung standen, mit 3.000 Mitarbeiten die Nachkriegsproduktion wieder richtig anlaufen lassen, nachdem im Januar 1947 erst 600 Beschäftigte eingestellt waren. Ende 1947 konnte bereits eine Kapazitätsauslastung von 70% erreicht werden. In den folgenden Jahren war - mit Ausnahme des Krisenjahres 1951 - eine weitere gute Entwicklung unter ständiger Rationalisierung des Betriebes und bei der Durchführung eines maschinellen und baulichen Erneuerungsprogramms zu verzeichnen. (BWK-Prospekt 1960)

Die Kriegsfolgen machten sich für die BWK weniger in Zerstörungen oder Demontagen für Reparationen bemerkbar, sondern in der beginnenden Teilung Deutschlands. Diese "Zonenzerrissenheit", wie man es damals nannte, führte zu einer Trennung der Kämmereien in Nordwestdeutschland von den Kammgarnspinnereien, die sich zu ca. 50 % in de sowjetisch besetzten Zone im Raum Leipzig, in der Lausitz und im Erzgebirge befanden. So konnten die drei norddeutschen Kämmereien in Blumenthal, Delmenhorst und Döhren mit ihrer Wasch- und Kämmkapazität nicht nur die Spinnereien in den "vereinigten angelsächsischen Zonen" versorgen. Vielmehr reichte sie vor allem nach der Räumung des BWK-Gebäude durch die Amerikaner aus, um eine noch weit größere Nachfrage versorgen zu können (Weser-Kurier vom 11.6.1947)

Schwierigkeiten bereitete zusätzlich die Versorgung mit Steinkohle - so mussten die Kämmereien im Winter 1946-7 vier Monate lang stillstehen, da sie keine Wärme erzeugen konnten. Auch fehlte es an der Rohwolle speziell von Merinos; denn während vor dem Krieg die Spinnereien etwa zur Hälfte die Wolle von Merinos und Kreuzzuchten verarbeiteten, stand jetzt nur ein Anteil von 10% Merinorohwolle zur Verfügung. Das wirkte sich vor allem auf den Export negativ aus, der als Devisenbringer für Deutschland im Prinzip besonders gefördert werden sollte. Allerdings waren dafür vor allem die weniger produzierten feinen Stoffe notwendig.


Wirtschaftliche Lage und Wahlverhalten in Blumenthal und umzu

Als Indikator für die damalige Beurteilung der Lebensqualität durch die betroffenen Menschen lassen sich einige Aspekte des Wahlverhaltens heranziehen, da es aus der frühen Nachkriegszeit keine regionalen Befragungsdaten gibt. Das gilt etwa für die Höhe der Wahlbeteiligung, die üblicherweise in Wohnquartieren relativ niedrig ist, wo man sich durch Wahlen keine Verbesserung der Lebensverhältnisse verspricht. So sieht es zumindest aktuell in sozial benachteiligten Quartieren aus.

Ein anderer Aspekt ist die Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen, die immer dann vermutlich mit Problemen verbunden ist, wenn sich einzelne soziale Gruppen politisch organisieren und auf dieses Weise ihre speziellen Forderungen durchsetzen wollen.

Schließlich ist noch eine härtere Artikulation der Unzufriedenheit und des Protestes möglich, wenn die Wähler ein bestehendes politische System pauschal ablehnen und ihre Stimme eine Partei geben, die stattdessen ein vergangene Ordnung wiederherstellen will.

Diese allgemeinen Verhaltensmuster dürften auch für die frühen Nachkriegsjahre gegolten haben, wo sich gerade im Bremer Norden und nicht zuletzt in Blumenthal eine deutliche Unzufriedenheit im Wahlverhalten niederschlägt.

Dabei muss man allerdings zwei Phasen unterscheiden. Zunächst haben offensichtlich in Bremen zwischen den Bürgerschaftswahlen 1946 und 1947 die von den Alliierten zugelassenen Parteien SPD, CDU, FDP bzw. BDV, wie sie zunächst als breit aufgestellte links- und rechtsliberale Partei in Bremen hieß, und die KPD die Politik bestimmt. Das waren die Parteien, die sich eindeutig vom Nationalsozialismus abgrenzten und zumindest den Briten als politische Richtungen vertraut waren. 

Das änderte sich 1951, als die vier Parteien der ersten Nachkriegszeit über 25
Prozentpunkte einbüßten, sodass ihr Anteil von 96,3 % (1946) auf 66,3 % einbrach.


Nordbremer Wahlverhalten in der frühen Nachkriegszeit (1951-2)



Partei
Burg-gramke
Lesum
Vegesack
Blumen-thal
Farge
Bremen
(Stadt)
Wahlbe-rechtigte
4472
9.314
22.469
14.617
3.619
374.927
Wahlbetei-ligung
83,9
86,4
85,0
86,9
83,8
83,8
SPD
47,4
35,8
42,3
35,3
41,2
39,1
CDU
7,2
11,2
9,4
13,9
10,5
9,0
FDP
8
14,2
8,3
7,4
6,0
11,8
KPD
8,3
5,8
8,4

6,5
3,9
6,4
DP
7,5
12,6
10,9
8,5
7,8
14,7
BHE
8,3
8,3
8,0
10,8
11,7
5,6
WG
3,7
3,1
1,6
1,4
1,5
4,3
SRP (1951)
9,1
7,6
9,0
13,5
12,1
7,7
SRP (1952)
17,6
13,2
14,1
20,6
19,6
-
1) Bürgerschaftswahl am 7. Oktober 1951.
2) Nachwahl zum Bundestag am 18. Mai 1952. 


Auffallend für den Bremer Norden und vor allem Blumenthal sowie Farge, das damals noch eine getrennte Verwaltungseinheit darstellte, sind die Ergebnisse der Bürgerschaftswahl 1951 sowie der Nachwahl im Wahlkreis Bremerhaven-Bremen-Nord zum Bundestag im Jahr 1952.

Nachdem sich in den ersten Nachkriegswahlen, also bei der Bundestagswahl 1949 und den Bürgerschaftswahlen 1946 un 1947 kaum örtliche Besonderheiten erkennbar wurden, fand 1951 eine deutliche Veränderung statt. Offenbar hatten, wie damals die Medien erklärten, die Erinnerung an die NS-Herrschaft und den Krieg, aber auch der Einfluss der Demokratisierungsmaßnahmen der Militärregierung an Bedeutung verloren. Während zunächst die vier von den Siegermächten zugelassenen Parteien SPD, CDU, KPD und FDP bzw. in Bremen BDV mit Ausnahme von einigen wenigen Einzelbewerbern 1946 und auch noch 1947 das Gros der Stimmen für ihre Kandidaten und Listen gewinnen konnten, kam es Anfang der 1950-er Jahre zu eine deutlichen Änderung des Wahlverhaltens.

Davon konnten einerseits Parteien und Wählervereinigungen profitieren, die sich für die Interessen einzelner Wählergruppen einsetzten. Dazu gehört in Bremen eine Gruppierung, die es in dieser Forum und Stärke in keinem anderen Bundesland gegeben hat. Das lag offenbar vor allem am Einsatz und der Überzeugungskraft des Initiators Wilhelm Pohlmann, der von den Zerstörungen durch die alliierten Luftangriffe selbst betroffen war, und mit mehr oder weniger großem Erfolg die Interessen dieser Kriegsgeschädigten politisch vertrat. Ziele seiner 1947 gegründeten "Wählergemeinschaft der Fliegergeschädigten Bremens e.V." waren sowohl eine höhere Entschädigung beim Lastenausgleich als auch ein behutsamerer Wiederaufbau, bei dem die Erhaltung der beschädigten Bausubstanz stärker berücksichtigt werden sollte. Als Beispiel wurde dabei ein nicht notwendiger Abriss der westlichen Vorstadt genannt. Diese Gruppe erreichte ihre höchsten Ergebnisse in der Bremer Innenstadt wie z.B. der Alten Neustadt und der Bahnhofsvorstadt mit ca. 9 %, während sie im Bremer Norden weniger erfolgreich war. 

Das war bei dem Bund der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge (BHE) anders, der in Blumenthal und Farge mehr als 10 % der Stimmen erzielte und damit deutlich über dem Wert für die Stadt Bremen lag. Die nördliche Spitze Bremens weist damit Anfang der 1950-er Jahre einen größeren Anteil an Flüchtlingen und Vertriebenen auf, die sich noch nicht in die lokale Gesellschaft integriert fühlten, wenn man dazu ihr Wahlverhalten als Indikator heranzieht.

Während es bei diesen beiden politischen Gruppen um die Vertretung von Partialinteressen geht, die nach der Meinung der Betroffenen nur unzureichend berücksichtigt waren, gilt das nicht für die Wahl der Sozialistischen Reichspartei (SRP). In diesem Fall bestand kaum ein Zweifel daran, dass es sich bei dieser am 23. Oktober 1952 schließlich wegen ihrer offenen Bezugnahme auf die NSDAP verbotenen Partei praktisch um eine Neugründung der Hitler-Partei gehandelt hat. Eine Stimme für die SRP drückte damit eine Ablehnung des demokratischen Neubeginns in Deutschland aus, wobei nicht einmal eine Distanzierung von kriminellen Machenschaften des NS-Regime erfolgte. So grenzte man sich nicht von einer „Notwendigkeit“ einer „Lösung der Judenfrage“ ab, sondern nur von den Methoden. Der spätere Parteigründer und -vorsitzende Fritz Dorls erklärte so im Mai 1950 die NS-Diktatur zum "Höhepunkt einer revolutionären Entwicklung des Abendlandes" und sah in den Gaskammern der Konzentrationslager die "revolutionäre Methodik dieser Epoche". Da die Rückkehr zum Dritten Reich als politisches Ziel vertreten wurde, lag es nahe, das führende Personal diese Partei fast ausschließlich aus treuen Mitgliedern der NSDAP zu rekrutieren. Darauf weist vor allem das Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts hin.


Auch wenn die SRP-Hochburgen generell im niedersächsischen Umland Bremens lagen, fallen die extrem hohen Werte in Blumenthal und Farge bei der Nachwahl zum Bundestag 1952 besonders auf, die wegen des Todes eines Kandidaten notwendig geworden war. Damals hat sich hier immerhin praktisch jeder fünfte Wähler gegen die neue Demokratie und für das NS-Regime entschieden, und das mit einer Stimme für eine Partei, die nicht nur die Meinung vertrat, in der Nazizeit sei nicht alles schlecht gewesen.

Während also die BWK relativ zügig ihre Produktion wieder aufnehmen konnte, sofern die nötigen Rohstoffe geliefert wurden, war offensichtlich ein relativ großer Teil der Einwohner Blumenthals mit der neuen Ordnung sehr unzufrieden, obwohl hier die Versorgung keineswegs schlechter war als in anderen Teilen Deutschlands.


Von der RM zur DM


Die Nachkriegszeit der BWK begann am 1.1.1948 mit einem neuen Geschäftsjahr. Zum Zeitpunkt der Währungsreform Mitte 1948 hatte der "betriebliche Ausnutzungsgrad" der Anlagen dann bereits die Hälfte einer "friedensmäßigen Vollausnutzung" erreicht, wie es im ersten Geschäftsbericht nach dem Zusammenbruch formuliert wurde. Am Ende des Geschäftsjahres Ende 1949 konnte die gesamte Kapazität dann genutzt werden und 1950 wurde bereits ein neuer Produktionsrekord aufgestellt.


Trotzdem stand die westdeutsche Wirtschaft zunächst noch vor der Lösung eines offenen Problems. Ähnlich wie nach dem Ende des Weltkrieges stellte sich die Frage, wer die Kosten des Krieges und vor allem die der vernichteten Werte bezahlen sollte. Dabei ging es fast zwangsläufig weniger um die Suche nach möglichen Schultern für diese enorme finanzielle Last, da kaum jemand anders als die deutsche Bevölkerung dafür in Frage kamen. Vielmehr musste über die Aufteilung der Verluste entschieden und damit eine möglichst gerechte Lastenverteilung gefunden werden. Neben dem Lastenausgleich zwischen den durch die Kriegsschäden weniger Betroffenen und den Vertriebenen, Ausgebombten und anders Geschädigten stand dabei zunächst die Kluft zwischen dem vorhandenen Waren- und Dienstleistungsangebot und dem Geldvermögen im Vordergrund.

Diese war beim Zweiten Weltkrieg etwas anders entstanden als beim Ersten Weltkrieg. Während zu Beginn des Jahrhunderts voller Begeisterung und Hoffnung noch mehr oder weniger freiwillig die Kriegsanleihen gekauft wurden, erfolgte in der NS-Zeit die Rüstung- und Kriegsfinanzierung subtiler. Der Grund waren die schlechten Erfahrungen der geschädigten Sparer mit der Geldentwertung Anfang der 1920-er Jahre.

Da offenbar nicht einmal die Parteigenossen und Wähler der NSDAP an eine Rückzahlung derartiger Papiere glaubten, wählten die Machthaber einen anderen Weg. Nachdem man die Banken, Sparkassen und Versicherungen gleichgeschaltet hatte, erfolgte eine „geräuschlose Kriegsfinanzierung“, indem die Finanzdienstleister verpflichtet wurden, Staatsanleihen zu zeichnen oder Staatskredite zu gewähren. Auf diese Weise schöpfte der Staat einen Teil der Ersparnisse ab, um die Staatsausgaben einschließlich der hohen Aufwendungen für das Militär zu finanzieren. Das war leicht möglich, da durch die staatliche Reglementierung der Produktion ein Mangel an Konsumsgütern entstand, was zu einem Kaufkraftüberschuss und damit im Endeffekt zu einem Zwangssparen für die Kriegsproduktion führte. 

Diese generelle Rüstungs- und Kriegsfinanzierung wurde noch seit dem 30. Oktober 1941 durch ein "Eisernes Sparen" ergänzt. Dabei konnten Lohn- bzw. Gehaltsempfänger entsprechend der "Verordnung zur Lenkung der Kaufkraft" einen gewissen Geldbetrag - zunächst waren es monatlich bis zu 26 RM, später bis zu 39 RM - auf ein besonderes Sparkonto einzahlen. Der Clou dabei: Dieser Teil des Arbeitslohnes musste nicht versteuert werden und war von Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Aber es gab auch ein ganz besonderes Risiko: Die Spareinlagen sollten frühestens ein Jahr nach dem Kriegsende für den Anleger verfügbar werden.

Mit den deutschen Niederlagen brach dieses System dann jedoch mehr und mehr zusammen, da die Bürger das Vertauen in das Finanzsystem verloren und das Geld oder, falls sie noch erreichbaren waren, Sachwerte horteten.

Damit entstand eine immense Kluft zwischen dem Geldvermögen auf der einen und den vorhandenen zivilen Waren und Dienstleistungen auf der anderen Seite, sodass das Geld, also konkret die RM, kaum noch einen realen Wert besaß. Damit war zwangsläufig ein Vertrauensverlust zur Währung verbunden, da praktisch jeder mit einem weiteren Verfall und am Ende einem drastischen Währungsschnitt rechnete, wie es auch nach dem Ersten Weltkrieg der Fall gewesen war. Diese Erwartungen führten zum Horten von Sachwerten, was deren Wert weiter steigen und das Vertrauen in das Geld schwinden ließ.

In der Realität entwickelte sich daher ein lebhafter Tauschmarkt, in dem vor allem dringend benötigte Lebensmittel gegen langlebige Konsumgüter wie Schmuck getauscht wurden. Auch etablierte sich eine ganz spezielle Währung, die die üblichen Funktionen des Geldes übernahm, jedoch gleichzeitig auch selbst einen realen Wert besaß. Anstatt den Versprechungen einer Regierung zu vertrauen, wie man sie auf Geldscheinen findet, verließen sich die Menschen lieber auf den tatsächlichen Genusswert von Zigaretten. So wurde die offizielle weiterhin gültige Reichsmark beim Tauschhandel auf dem überall blühenden schwarzen Markt durch Sachwertwährungen ersetzt, wie die sogenannte Zigarettenwährung, den „Ami“, was die amtlichen Stellen kaum verhindern konnten.

Um diese Diskrepanz zu beseitigen, die ein normales ökonomisches Kalkulieren und Planen unmöglich machte, wurde 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands eine Währungsreform durchgeführt und die Reichsmark (RM) durch die Deutsche Mark (DM) ersetzt, die ab dem 21. Juni alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel wurde. Im Zuge der Umstellung erhielt jede natürliche Person zunächst ein "Kopfgeld" von 40 DM und einen Monat darauf weitere 20 DM in bar ausgezahlt.

Diese 60 DM wurden später auf die einschneidende Umstellung der alten RM-Vermögen angerechnet. Unter dem Strich gab es dabei ein faktisches Umstellungsverhältnis von zunächst 10:0,65, das 1957 durch ein Altsparergesetz für Sparguthaben, die bereis am 1.1.1940 bestanden hatten, auf ein Umstellungsverhältnis von RM zu DM in Höhe von 10:1 aufgestockt wurde.



BWK-Aktie über 1.000 DM nach der Währungsumstellung mit den Unterschriften der Herren Stuck (AR), Schilling, Gerding und Doebner (Vorstand) 


Die DM-Eröffnungsbilanz der BWK


Die Umstellung von RM auf DM erfolgte mit einer zeitlichen Verzögerung ebenfalls für die Beteiligungen an Unternehmen und damit auch die Bilanz der BWK.

Durch das Bilanzgesetz vom 21. August 1949 wurde den Unternehmen die Erstellung einer „DM-Eröffnungsbilanz“ vorgeschrieben. Die Bilanzkontinuität musste dabei nicht gewahrt werden. So konnten die meisten Unternehmen infolge von Höherbewertung und Offenlegung stiller Reserven ihr Kapital im Verhältnis 1:1 umstellen.
 



Die Bilanzumstellung der BWK am 20./21.6.1948

Aktiva20.6.1948 (RM)21.6.1948 (DM)Passiva20.6.1948 (RM)21.6.1948 (DM)
Bebaute Grundstücke







Grundkapital






Wohngebäude
920.000
920.000


Stammaktien


14.000.000
14.000.000
Fabrikgebäude
4.150.000
4.560.000


Vorzugsaktien


140.000


140.000
Unbebaute Grundstücke
585000


175.000


Rücklagen








Maschinen


675.000


2.676.000


Gesetzliche Rücklage
1.500.000



1.500.000

Werkzeuge


1


300.000


Angestellten- und Arbeiter-Unterstützung



800.000



1.000.000




6.205.001


8.631.000


Rücklage für Werkserhaltung



1.300.000



2.600.000

Beteiligungen


282.000


282.000


Stiftungen



159.747



15.975
Wertpapiere


20.000


15.750


Rückstellungen



378.000

49.500
Anlagevermögen
6.507.001




8.928.750



Verbindlichkeiten









Roh-, Hilfs-und Betriebsstoffe


4.394.691


6.646.094


Anzahlungen der Kundschaft



35.100





Halbfertige Erzeugnisse


26.188


26.188


Verbindlichkeiten aufgrund von Lieferungen



560.520





Fertige Erzeugnisse


774.379


774.379


Sonstige Verbindlichkeiten



284.386





Wertpapiere


1


1


Unerhobene Dividende



279.739



27.974

Forderungen aus Hypotheken


48.981
4.898


Rechnungsabgrenzung


3.776



378

Anzahlungen


3.325.256


2.559.288












Forderungen auf Grund von Lieferungen und Leistungen
862.810


206.670












Kassenbestand
1.100.932 


47.427




Andere Bankguthaben
1.778.762
211.471

Sonstige Forderungen
377.273
37.727

Ersatzanspruch aus Kriegsschäden
586.006
1

Bilanzsumme
20.387.273
19.888.477
Bilanzsumme
20.387.27319.888.477

Quelle: Geschäftsbericht 1948-50.




Die Unterschiede zwischen der RM- und der DM-Bilanz, die dem Gesetz entsprechen, resultieren bei den Aktiva aus Umbuchungen - so bei den unbebauten Grundstücken und den Fabrikgrundstücken mit 410.000 RM/DM - und durch Zuschreibungen. Die wurden mit jeweils über 2 Mio. DM bei den Maschinen und den gelagerten Rohstoffen vorgenommen. Es handelte sich also um eine Anpassung an die gestiegenen Preise für Sachwerte.

Negativ wirkte sich die Währungsumstellung wie auch bei den privaten Haushalten im Bereich der Geldvermögen aus, wenn man Gläubiger und nicht wie der Staat ein übergroßer Schuldner war. Hier blieb der BWK von den liquiden Mitteln, also vor allem dem Kassen- und Kontobestand sowie den Anzahlungen, praktisch nur die Hälfte, denn aus knapp 7 Mio. RM konnten nur 3 Mio. DM in die Eröffnungsbilanz eingestellt werden. 

Allerdings sorgte auf der anderen Seite der Bilanz die Reduzierung der RM-Schulden für einen Ausgleich; denn es blieben von den Verbindlichkeiten in Höhe von 1,2 Mio. RM in der RM-Schlussbilanz nur 323.000 DM in der Eröffnungsbilanz nach der neuen Währung. 

Durch die Bilanzumstellung wurde damit die BWK zu einem schuldenfreien Unternehmen, in dessen Bilanz den extrem geringen Verbindlichkeiten erheblich höhere liquide Mittel gegenüberstanden. Im Endeffekt erreichte die Blumenthaler Aktiengesellschaft durch die Währungsumstellung somit eine ungewöhnlich hohe Eigenkapitalquote von 91,7%. Das war eine optimale Voraussetzung für Investitionen und eine Erneuerung des Werks nach den Jahren des Mangels und des Stillstandes.

Damit lief nicht nur der Betrieb der Wollkämmerei wieder, sondern es lag auch ein ordentliches Rechenwerk über die Zeit seit dem Krieg mit den neuen DM-Werten vor.

Am 19. Mai 1951, einem Samstag, konnten sich die Aktionäre daher erstmals nach dem Krieg wieder zu einer Hauptversammlung treffen. Dabei standen neben der Umstellungsbilanz zum 21. Juni 1948 von RM auf DM auch gleich zwei Bilanzabschlüsse auf der Tagesordnung, und zwar für das erweiterte Geschäftsjahr 1948-49, das 18 Monate umfasste, sowie das Geschäftsjahr 1950.

In finanzieller Hinsicht konnte das Management den Aktionären trotz der Anlaufprobleme sowohl für den Zeitraum vom 1.1.1945 bis zum 31.12.1949 als auch für das anschließende Geschäftsjahr 1950 die Ausschüttung einer Dividende vorschlagen. Sie betrug in beiden Fällen 6 % für die Stammaktien. Dabei war im Jahr 1950 der Jahresüberschuss der Wollkämmerei sogar erheblich höher, als es diese Dividendenzahlung andeutet; denn neben dem Betrag von 864.000 DM, der für die Dividendenzahlung benötigt wurde, war zuvor 1 Mio. DM in die Rücklage für Werkserhaltung und sonstige Zwecke eingestellt worden.


Das turbulente Wolljahr 1951 und seine Folgen



In der frühen Wiederaufbauphase, als sich noch viele mit den Folgen der Währungsreform beschäftigten, erlebte die weltweite Wollwirtschaft ein Jahr, dessen extreme Preissprünge praktisch jede rational kalkulierte Wollverarbeitung verhinderten.

Zur Zeit der zweiten Hauptversammlung 1952 hatte sich die Situation auf dem Wollmarkt ganz dramatisch geändert. Die Preisturbulenzen im Zuge des Koreakrieges hatten eine "Weltwollkrise" ausgelöst. Für die BWK und Blumenthal führte das zu einem drastischen Personalabbau. Hatte das Unternehmen Ende 1950 noch 4.800 Mitarbeiter beschäftigt, musste ihre Zahl bis Mitte 1952 auf 2.600 reduziert werden.(Weser-Kurier vom 5.7.1952)



Kämmereikurse und Kammzugpreise im turbulenten Wolljahr 1951

Datum
BWK-Kurs
in %
Nordwolle-Kurs
in %
Kammzüge (Standard) 
(c pro lb) (1)
Messziffer
30.12.49
92
52
173,2
100
28.12.50
95
87
360
208
26.01.51
112
87
412,5
238
29.01.51
118
87
ausgesetzt
-
27.04.51
112
96
370
214
28.09.51
107
120
208
120
28.12.51
124
135
213
123
28.04.52
103
115
175
101
Quelle: Hamburger Abendblatt
(1) Die Preise erden in US-Cent pro Pfund (lb) notiert. Ein Pfund beträgt 0,454 kg.


So begann das Jahr 1951 in den Monaten Januar und Februar mit einem sprunghafter Anstieg der Wollpreise, nachdem am 25. Juni 1950 nordkoreanische Truppen Südkorea angegriffen hatten. Diese Intervention führte zum Eingreifen der USA und später Chinas, die ihre großen Truppenkontingente mit Wolluniformen ausrüsteten. Das löste einen Nachfrageschub auf dem globalen Wollmarkt aus, der durch die unsicheren Zukunftserwartungen der europäischen Wollwirtschaft weiter verstärkt wurde.

Auf einen spekulativen Höchststand im März 1951 folgte ein Sturz um 70% bis zum September. Nach einer kurzen Konsolidierung gaben die Preise weiter nach, um im April 1952 um 30% unter das Niveau zu fallen, bei dem sie vor dem Beginn des Koreakrieges lagen. Aufgrund der hohen Preise reduzierte sich der Wollkonsum 1951 um 20 % unter den Wert des Vorjahres. Darauf reagierte die BWK mit einschneidenden Produktionseinschränkungen und Entlassungen.


Diesen globalen Trend kann man mit Hilfe der Zahlen in der Tabelle im Detail nachvollziehen. Danach führten die  außergewöhnliche Nachfrage und vor allem die damit verbundenen weiteren Erwartungen im Jahr 1950 zu einer Verdoppelung der Preis für Kammzüge. Dabei schien sich dieser Prozess durch die Erwartungen der Käufer ständig weiter aufzuheizen, die offenbar mit Knappheitspreisen rechneten, denen eine reale Grundlage mehr und mehr fehlte. So stieg der Preis etwa allein im Januar 1951 um über 30%, bevor die Preisfeststellung ausgesetzt wurde. 

Nach der Wiederaufnahme der Notierung fiel der Wollpreis dann fast kontinuierlich, bis er im April 1952 praktisch wieder das Niveau von Ende 1949 erreicht hat. 


Wenn man den Anstieg der Wollpreise im Jahr 1950 und die Turbulenzen des Jahres 1951 mit etwas Abstand betrachtet, gelangt man zu einem bemerkenswerten Ergebnis. Der Wollpreis hatte in diesen Monaten, und zwar vor allem 1950 und Anfang 1951 einen rasanten Aufstieg zu verzeichnen, bevor er dann wieder so stark verloren hat, dass die Preise von Ende 1949 und Ende April 1952 praktisch identisch sind, wie die Messziffern in der Tabelle zeigen.

Der hohe Wollpreis hatte sogar für die Produzenten nicht nur Vorteile. Das galt auch für die deutschen. Hier lagen die Preise Anfang 1952 bei 12 DM je kg, was zu erheblich geringeren Verkäufen führte. Als anschließend der Preis im September und Oktober auf 4 DM fiel, erschien dieser Kurs den Züchtern als "indiskutabel". In der Folge sanken die Preise daher weiter und die Züchter verloren durch ihre Lagerhaltung weiter an Vermögen. (Weser-Kurier vom 25.4.1952)

Dabei waren für diese Turbulenzen vor allem die psychischen Erwartungen der Marktteilnehmer verantwortlich, wie sich später herausstellen sollte, als Zahlen über die tatsächlichen Größen des Wollmarktes während dieser Zeit publiziert wurden. Das verstärkte in diesem Fall den Sturz der Wollpreise noch weiter. So sank er von Mitte Februar 1951 bis Mitte Februar 1952 von 321 Shilling je lb auf 142 Shilling, als bekannt wurde, dass einer Wollschur von 2.365 Mio lb nur ein Weltverbrauch von 2.230 Mio. lb Wolle gegenüberstand (Spiegel, 1952, H. 14, S. 3). Im Wolljahr 1951-2 halbierte sich durch diesen Preissturz damit der Wert des australischen Wollschecks, d.h. die Summe aller Wollverkäufe, nach seinem Rekorderlös in der Vorsaison. (Weser-Kurier vom 10.7.1953). 

Es sind also spekulative Erwartungen auf einen reale Angebotsüberhang gestoßen, was den Rückschlag auf die koreanische Boom-Psychose noch verstärkt hat.

Insgesamt gesehen haben diese gut zwei Jahre zwischen 1950 und 1952 für die Marktteilnehmer und die Betroffenen, zu denen auch die Mitarbeiter der BWK zählten, Unruhe, enttäuschte Erwartungen und sogar finanzielle Einbußen bedeutet, aber am Ende nur die alten Preise wiederhergestellt. Die Spekulation tobte sich zwar aus, aber die ganz realen Größen wie die Zahl der Schafe mit ihrer Produktion an Rohwolle und die Größe der Weltbevölkerung mit ihrer kaufkräftigen Nachfrage nach Wollbekleidung hatten letztendlich gesiegt. 


Weitgehend unabhängig von den Wollpreisen entwickelten sich die Kurse der hier betrachteten beiden Kämmereiunternehmen, also der BWK und Norddeutschen Wollkämmerei und Spinnerei (NWK) im benachbarten Delmenhorst. 

Dabei hatten die Wollpreise durchaus Auswirkungen auf die Nachfrage nach Kammzügen und damit auf den Umsatz von Kämmereien, wobei allerdings dieser Effekt sehr stark von der Einschätzung des weiteren Preistrends abhängt. Bei Preissteigerungen lässt sich schließlich immer an Warenbeständen verdienen, wenn relativ kurzfristig kein einschneidender Preisrückgang zu erwarten ist. Umgekehrtes gilt für fallende Preise, wo eine Kaufzurückhaltung sich meist zeigt, wenn eine zukünftige Stabilität erwartet wird.

Beim Vergleich der beiden Wollkämmereien aus der Region Bremen darf man bei dieser Betrachtung jedoch nicht das teilweise unterschiedliche Geschäftsmodell übersehen. Beide Wollkämmereien werden während des Veredlungprozesses, der aus Rohwolle Kammzüge herstellt, in der Regel nicht die Eigentümer der bearbeiteten Wolle. Sie fungieren ausschließlich als Dienstleister, deren Einnahmen von der bearbeiteten Wolle und nicht deren Preis abhängen. Allerdings beschränkte sich die Nordwolle nicht nur auf das Waschen und Kämmen der Rohwolle, sondern verarbeite Kammzüge auch in ihrer Spinnerei zu Kammgarn.



Der Nachkriegsstart komprimiert: Die BWK-Kurse 1949 - 1952



Am 16. Februar 1949 gab es nach der Währungsreform einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Normalisierung des deutschen Wirtschaftslebens speziell in Bremen und damit auch für die BWK. An diesem Tag nahm die Bremer Börse nach 14-jähriger Pause wieder ihren Handel auf, sodass sich nach langer Zeit die Anteilsscheine der Aktiengesellschaften wieder in Bremen handeln ließen. Allerdings waren die Kauf- und Verkaufswünsche noch sehr gering, sodass im Sparkassengebäude in der Bürgermeister-Smidt-Straße nur einmal pro Woche, und zwar mittwochs zwischen 13 und 14 Uhr, Kurse bestimmt wurden. Auch begnügte man sich dabei mit nur einer Feststellung der Kurse. Für die Börse ging damit eine Pause von 15 Jahren zu Ende, da im nationalsozialistischen Deutschland die Börse in Bremen 1934 geschlossen worden war.


Die Kurse ausgewählter AGs aus Bremen zwischen 1949 und 1952
Gesellschaft
16.02.49
13.02.52
20.06.52
Entwicklung 2/1949 - 2/52 in %
Entwicklung 2/1952-6/52 in %
Bremen-Vegesacker-
52 G
132 G
100 G
154
-24
Bremer Vulkan
41
140 G
110 B
241
-21
Nordd. Lloyd
8 G
60 T
40 G
650
-33
Jute Bremen
30 G
128 G
105 B
327
-18
NWK
36 b
152 G
100 G
322
-34
BWK
68 ½ G
137 G
80 G
100
-42
Anmerkung: G: Geld, d.h. zu diesem Kurs wurden Aktien gesucht, B: Brief, d.h. zu diesem Kurs wurden Aktien angeboten, T: Taxe, d.h. zu diesem Kurs wurde der Wert der Aktien geschätzt, aber nicht gehandelt.



Wichtige Rückschlüsse auf die Situation der Bremer Gesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt wurden, lassen bereits die Kurshöhe und -entwicklung zu, da sie angeben, wie gravierend die Auswirkungen des Krieges für die verschiedenen Gesellschaften von den Marktteilnehmern eingeschätzt wurden.

Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede; denn unter den hier betrachteten AGs lag der Kurs zwischen 8 % für die Aktien des Norddeutschen Lloyds und 68,5 % für die der Bremer Woll-Kämmerei. Ursache waren die unterschiedlichen Verluste und Zerstörungen während des Krieges. So wurde die Verwaltung des Norddeutsche Lloyd, eines der bedeutendsten deutschen Schifffahrtsunternehmen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, bei Kriegsende ausgebombt. Schlimmer noch, alle großen Lloyd-Schiffe waren versenkt oder beschlagnahmt. Nur ein Frachter verblieb der Reederei, aber der lag fernab in Japan. Mit der Wiederzulassung als „Küstenschiffahrts- und Stauereiunternehmen“ durch die US-Militärregierung am 29. November 1945 musste der NDL daher – wie bereits nach dem Ersten Weltkrieg – quasi bei „Null“ mit einem Agenturbetrieb beginnen und wurde an der Börse entsprechend bewertet.

Demgegenüber hatte die BWK nur geringe Schäden zu verzeichnen und konnte rasch die Kammzugproduktion wieder aufnehmen, wie die hohen Mitarbeiterzahlen gleich in den ersten Nachkriegsjahren belegen. 


Zwischen den Werten für diese beiden Extremfälle bewegen sich die Kurse der drei anderen ausgewählten Aktien. Hier haben zum einen die Kriegszerstörungen in unterschiedlichem Maße belastet und hat zum anderen die wirtschafliche Lage für höhere Kurse gesorgt. Eine gute Geschäftsprognose galt etwa für die Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft, auf deren Heringsfänge ausgehungerte Konsumenten warteten.

Diese Gesellschaft war 1938 mit 68 Loggern, 1.200 Besatzungsmitgliedern und zusätzlichen 600 Arbeitskräften an Land die größte Heringsfischerei-Gesellschaft des europäischen Kontinents. Obwohl ihre Schiffe kaum einen militärischen Wert besessen haben dürften, kehrten von ihren Loggen nach dem Krieg 12 nicht an ihren Eigentümer zurück. Zwei weitere moderne Schiffe mussten als Reparationsleistung an die Sowjetunion übergeben werden.

Aufgrund der prekären Versorgungslage in Deutschland wurden die Heringsfänger aus Vegesack durch die Militärregierung besonders unterstützt,
 die im Mai 1945 die Ausrüstung von 20 Loggern anordnete, um die "Eiweißlücke" in der Nahrung zu schließen. So konnten bereits im selben Jahr wieder 38.000 Kantjes Heringe in der minenverseuchten Nordsee gefangen werden. 

Beim Bremer Vulkan und der Jute Bremen waren die Auswirkungen des Krieges größer. Die Werft versuchte die Anfangsjahre nach dem Krieg durch Reparaturarbeiten für die Alliierten und von Lokomotiven zu überbrücken, bevor als erstes Schiffe nach dem Krieg ein Fischdampfer für die Bremen-Vegesacker-Fischerei-Gesellschaft nach der Aufhebung eines entsprechen Verbots gebaut werden durfte. 

Zwar waren nach dem Krieg die Produkte der Jute Bremen durchaus gefragt, nur war das Unternehmen im Bremer Westen am 18. und 19. August 1944 durch einen Großangriffs zerstört worden. Hier erfolgte der Wiederaufbau der Produktionsanlagen ab 1946. 1947 produzierte die Firma u. a. Papier und Säcke für Bergwerke, die ihrerseits Kohle an ein Stahlwerk lieferten, welches sich als Kompensation am Wiederaufbau des Bremer Jute-Werkes beteiligte. Es gab also einen Tauschhandel nicht nur zwischen Privatpersonen, sondern auch zwischen Unternehmen.

Der Beginn des deutschen Wirtschaftswunders nach der Mangelwirtschaft während der Weltwirtschaftskrise, der gelenkten Devisenwirtschaft und nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich sehr deutlich in dem deutschen Börsenboom während der beiden ersten Jahren nach der Wiedereröffnung der Börsen. Auch dabei fallen relativ deutliche Unterschiede auf, die größtenteils auf die abweichende Ausgangssituation der verschiedenen Unternehmen zurückzuführen sein dürften. Relativ stark haben die AGs profitiert, die 1949 noch eine schwache Startbasis hatten. Das galt in ganz besonderer Weise für den damaligen Hoffnungswert Norddeutscher Lloyd, der sich innerhalb von nur 24 Monaten versechsfachte. Da konnten die Aktien der Unternehmen nicht mithalten, die bereits 1949 wieder wie im Frieden produzieren konnten. Das traf neben der Bremen-Vegesacker-Fischerei-Gesellschaft vor allem für die BWK zu, deren Kurse sich daher "nur" verdoppelten.



(Die Fortsetzung folgt hier)

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