Dienstag, 13. Mai 2014

Bremen im Ranking 2: Lebens- qualität



Zufriedene und unzufriedene Bremer



Die Bremer Lebensqualität in Bewohnersicht



Im Rahmen der vergleichenden europäischen Erhebungsreihe Urban Audit wurden 2006 und 2012 jeweils ca. 500 Einwohner Bremens zur Lebensqualität in ihrer Stadt befragt.

Die Bremerinnen und Bremer hatten dabei in vielen Bereichen ein vergleichsweise durchschnittliches Bild von ihrer Stadt, vor allem bei der Versorgung mit Wohnungen und Grünflächen waren sie jedoch deutlich zufriedener als de Einwohner anderer deutscher Städte.

Daneben machten die befragten Bewohner der Weserstadt jedoch auf Defizite aufmerksam, die auch bereits aus anderen Untersuchungen bekannt sind. Das gilt vor allem für die negativ bewertete Schulsituation, die hohe Kriminalität und die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt.

Relativ schlecht sind auch die Bewertungen der Stadtverwaltung, die in Bremen als deutlich weniger hilfsbereit, aber auch weniger verantwortungsbewusst im Umgang mit dem Steuergeld ihrer Bürger wahrgenommen wird, als es dem deutschen Durchschnitt entspricht.

Jedoch gibt es in diesen Bereichen eine positive Tendenz, denn die Zahl der Zufriedenen war in der aktuellen Befragung größer als die entsprechende Vergleichsgruppe vor sechs Jahren.

Die aktuelle Untersuchung weist jedoch gleichzeitig auf eine neue soziale Aufgabenstellung hin. In Bremen halten über 80 % der Befragten die Armut für ein Problem in ihrer Stadt. Das ist erheblich mehr als in jeder anderen Stadt, die an der Befragung teilgenommen hat und wo es im Durchschnitt nur 53 % sind.


                                  Publikation "Lebensqualität aus Bürgersicht"

Neben einer Reihe von Analysen vor allem von vorliegenden Daten der amtlichen Statistik, die nach unterschiedlichen Modellen erfolgen, werden auch Zusatzerhebungen durchgeführt. Auf diese nicht ganz preiswerte Weise lassen sich auch Aspekte erfassen und vergleichen, die nicht in den Kanon de amtlichen Statistik passen und daher im Vergleich zur Markt- und Meinungsforschung zu kurz gekommen sind.

Eine umfangreiche Erhebung zur Erfassung der „Lebensqualität aus Bürgersicht“, die innerhalb der gesamten EU erfolgt, wurde bisher dreimal von Urban Audit durchgeführt.

Urban Audit ist dabei das gemeinsame Projekt von europäischen Städtestatistikern, darunter auch denen, die im Verband Deutscher Städtestatistiker organisiert sind, der vor allem für die Veröffentlichung der Ergebnisse in Deutschland verantwortlich ist. Urban Audit ist damit der Versuch, die europäische Städtestatistik vergleichbar zu machen, um so eine europaweite städtische „Buchführung“ zu ermöglichen, mit deren Hilfe sich die Städte innererhalb der EU vergleichen lassen.

 

 
Urban Audit: ein europäischer Städtevergleich




Die Erhebungen innerhalb des Urban Audit-Programms sind alle drei Jahre geplant. Innerhalb dieses Turnus haben sie in Deutschland bisher 2006, 2009 und 2012 stattgefunden, wobei diese Termine teilweise nur mit zugedrückten Augen eingehalten wurde. So wurde die letzte Erhebung in Bremen erst Ende Januar 2013 abgeschlossen.

Ähnlich sieht es bei der Veröffentlichungen aus, wo man die Ergebnisse der beiden letzten Erhebungen noch aus mehreren Vorträgen und Teilveröffentlichungen zusammensetzen muss, denn einen realen deutschen Analysebericht mit Aufsätzen, in dem die Ergebnisse erläutert werden, wurde bisher nur 2008 für die erste Erhebung veröffentlicht. Daher muss sich hier die Diskussion inhaltlicher Fragen auf diese Untersuchung konzentrieren.

In Deutschland haben an den drei Befragungsaktionen unterschiedliche Städte teilgenommen. Veröffentlicht wurden für 2006 die Daten von 22, für 2009 von 20 und für 2012 ebenfalls 20 Städte So haben sich nur wenige Städte, darunter Nürnberg an allen drei Befragungen beteiligt.

In Bremen wurden sowohl 2006 als auch 2012 Interviews geführt, sodass man die Bremer Daten sowohl mit anderen europäischen Städten vergleichen kann als auch die Entwicklung Bremens innerhalb dieses Zeitraums von sechs Jahren verfolgen kann, um die nackten Prozentzahlen besser beurteilen zu können.

Lebensqualität: subjektiv wahrgenommen



Der große Vorteil, aber auch eine wichtige Einschränkung der Aussagefähigkeit der Befragungen zur Lebensqualität im Rahmen des Urban Audits ist die besondere Aussageform der erfassten Daten. Hier geht es nicht um die Feststellung, wie häufig jemand den ÖPNV benutzt oder wie viel Zeit jemand benötigt, um den nächsten Hausarzt zu erreichen. Vielmehr werden ganz subjektive Bewertungen erhoben, wie man sie nicht aus der amtlichen Statistik, sondern aus der Meinungsforschung kennt.

Im Vordergrund steht dabei eine ganz besondere Form der Bewertung: die Zufriedenheit mit einer Merkmal in der eigenen Stadt wie mit den Grünflächen und den kulturellen Einrichtungen.

Diese Fragestellung hat einerseits große Vorteile für kommunale Entscheidungsträger, da für die Beurteilung der Situation nicht unmittelbar objektive Größen wie die Fläche der Parkanlagen oder die Zahl der Ärzte in einem Quartier letzthin bedeutsam sind, sondern de Frage, wie die Betroffenen ihre Versorgung mit kommunalen Leistungen einschätzen.

Durch diese Daten rückt die vorhandene Informationen also ganz dicht an die Nutzer heran, wobei aufgrund der Stichprobengröße Einzelmeinungen weitgehend ausgeschaltet werden können.

Andererseits sind diese Daten jedoch nicht ohne Probleme und daher ohne Einschränkungen und Interpretationen verwendbar. Darauf weisen schon teilweise starke Schwankungen zwischen den Erhebungen hin, die innerhalb von drei Jahren durchgeführt wurden. In diesen Fällen kann man kaum annehmen, dass sich die reale Infrastruktur in dieser Zeit tatsächlich erheblich verändert hat. Vielmehr muss es sich um Auswirkungen eines veränderten Images etwa durch eine entsprechende Kampagne oder schlicht und einfach Zufallseffekte in der Stichprobe handeln, da von den Befragten teilweise nur ein Teil die bewerteten Einrichtungen wie z.B. die Schulen oder den ÖPNV objektiv aufgrund eigener Nutzungen bewerten kann.



Das Konzept der „Zufriedenheit“



Das Konzept der Zufriedenheit bezeichnet in der Psychologie die Übereinstimmung einer Erwartung von einem angestrebten oder gewünschten Zustand mit seinem tatsächlichen Erleben.

Der Grad der Zufriedenheit oder die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit hängt damit von der Differenz zwischen zwei subjektiv wahrgenommen Dimensionen ab. Der angestrebte Zustand, also z.B die Ausstattung mit Schulen, ist vor allem eine Funktion des eigenen Anspruchsniveaus und der Norm, die man in einer Gesellschaft vorgibt. So dürfte etwa die PISA-Diskussion dazu beitragen, dass man generell von Schulen mehr erwartet als sie nach den Testergebnissen leisten. Neben dieser generellen Einschätzung wird der eigene Bedarf als Eltern, Großeltern, Lehrer oder Schüler zu einer differenzierten Sicht beitragen, da die Präferenzen für die verschiedenen Schultypen, die Inklusion oder den Ganztagsunterricht unterschiedlich sind.


Vom Modell her ist der Zufriedenheitsgrad, wie er in einer Befragung erhoben werden kann, damit vom „Ausmaß der Abweichung“ zwischen dieser Erwartung und der wahrgenommenen Realität abhängig. Ist die Erwartung, die auch von einem unterschiedlichen hohen Anspruchsniveau beeinflusst wird, das von den Persönlichkeitsmerkmalen oder Sozialisationserfahrungen beeinflusst wird, höher, entsteht Unzufriedenheit. Im umgekehrten Fall spricht man hingen von einer mehr dr weniger großen Zufriedenheit.

Dieses mentale Rechenergebnis ist jedoch noch nicht mit der Aussage identisch, die in einer Befragung geäußert wird und damit in die Auswertung der Erhebung tatsächlich eingeht. In Befragungssituationen tritt generell eine Verzerrung in Richtung der sozialen Erwünschtheit ein, die gerade bei Aussagen zur eigenen Zufriedenheit sehr ausgeprägt ist. Das gilt in ganz besonders für Antworten auf sehr allgemeine Fragen, etwa zur Zufriedenheit mit dem eigenen Leben oder auch dem Wohnort, für den man sich entschieden hat. Das zeigt sich wie ein soziales Naturgesetz auch in den Urban Audit-Erhebungen,wenn 94 % mit der Stadt zufrieden sind, in der sie wohnen, und „in dieser Frage keine wesentlichen Unterschiede zwischen den teilnehmenden Städten festzustellen“ sind. (Lebensqualität 2012, S. 56)  


Der Frage, wie relevant einzelne subjektive Aussagen sein können, sind die Mitarbeiter der Studie in dem Begleitbericht zur ersten Erhebung nachgegangen. In diesem Rahmen wurden Zusammenhängen zwischen der Gesamtzufriedenheit mit einer Stadt und möglichen Teilaspekten ermittelt. Dabei hat sich gezeigt, dass offenbar unterschiedlich starke Korrelationen bestehen, wie sie in der folgenden Übersicht zusammengestellt sind.

Danach sind Befragte vor allem dann mit einer Stadt „zufrieden", wenn sich dort sicher fühlen, Umweltbelastungen durch Lärm und Luftverschmutzung fehlen und die Stadt einen sauberen Eindruck hinterlässt.

Auch wenn diese statistischen Zusammenhänge nicht zwangsläufig kausal interpretiert werden dürfen, machen sie auf Aspekte aufmerksam, die bei der Beurteilung der Einzelaspekte eine wichtige Rolle spielen sollten. Das gilt vor allem für die Unzufriedenheit mit Teilbereichen, da sie zu negativen Gesamtbewertungen führen können.



Korrelationen zwischen der Zufriedenheit, in Stadt .. zu wohnen und der Zufriedenheit mit einzelnen Aspekten der Lebensqualität 2006


Merkmal
Korrelationskoeffzient
Leicht, eine gute Arbeitsstelle zu finden
0,12
Zufriedenheit mit Grünflächen
0,32
Leicht, eine gut Wohnung zu finden
0,10
Luftverschmutzung ist großes Problem
0,42
Lärm ist großes Problem
0,54
Sauberkeit
0,66
Sicher fühlen
0,78
Zufriedenheit mit kulturellen Einrichtungen
0,24
Quelle: Schöb.

Um die Interpretationsschwierigkeiten mit diesen subjektiven Daten zu begrenzen, sollen die Daten für Bremen im Folgenden mit anderen Städten verglichen werden. Dabei dient als Maßstab neben dem Durchschnitt aller beteiligten Städte, wobei sich die Teilnehmer an den drei Erhebungen allerdings unterscheiden, die Stadt Nürnberg. Diese fränkische Metropole scheint besonders geeignet zu sein, da sie sich an allen bisherigen Befragungen beteiligt hat, eine ähnliche Größe wie Bremen besitzt, als frühere Industriestadt teilweise ähnliche Belastungen auf dem Arbeitsmarkt hatte wie Bremen und auch über einen langen Zeitraum von einem sozialdemokratisch dominierten Stadtrat geprägt ist.

Um die Interpretationsschwierigkeiten mit diesen subjektiven Daten zu begrenzen, sollen die Daten für Bremen im Folgenden mit anderen Städten verglichen werden. Dabei dient als Maßstab neben dem Durchschnitt aller beteiligten Städte, wobei sich die Teilnehmer an den drei Erhebungen allerdings unterscheiden, die Stadt Nürnberg. Diese fränkische Metropole scheint besonders geeignet zu sein, da sie sich an allen bisherigen Befragungen beteiligt hat, eine ähnliche Größe wie Bremen besitzt, als frühere Industriestadt teilweise ähnliche Belastungen auf dem Arbeitsmarkt hatte wie Bremen und auch über einen langen Zeitraum von einem sozialdemokratisch dominierten Stadtrat geprägt ist.


Einige Stärken und Schwächen Bremens im Detail




Erstmals konnten die Befragten in dr aktuellen Erhebung angeben, welche Themen sie in ihrer Stadt für besonders wichtig halten. Das sind in Bremen an erster Stelle – und noch deutlich ausgeprägter als in anderen Städten – der Bildungs- und Ausbildungsbereich, der von 68 % aller Befragten genannt wird, und damit noch vor dem Arbeitsmarkt mit 46 % rangiert. Auf dem dritten Platz folgt schließlich das Thema Sicherheit, das von jedem Dritten genannt wurde.

Bei diesen Prozentzahlen ist zu berücksichtigen, dass jeder Befragte nicht nur ein Thema nennen durfte, sodass sich in der Summe mehr als 100 % ergeben.

Diese Aufgabefelder für die Politik stimmen mit den Beurteilungen überein, die die Befragten zur Qualität der Stadtpolitik abgegeben haben; denn gerade in diesen Bereichen gibt es relativ viele Unzufriedene, wie de folgende Diskussion im Detail zeigen wird.



Die drei wichtigsten Themen in Bremen aus der Sicht der Befragten in 2012-3 (Nennungen in %)

Thema
Bremen
Nürnberg
Städte insgesamt
Bildung und Ausbildung
68
46
52
Arbeitsmarkt
46
34
29
Sicherheit
33
23
26





Straßen
23
31
32
Soziale Einrichtungen
30
25
30
Wohnungswesen
15
29
30
Quelle: Lebensqualität 2012, S. 81 f.



Die Zufriedenheit mit städtischen Leistungen 2012


In dieser Befragung wurde 2012-3 die Zufriedenheit der Bewohner mit verschiedenen städtischen Einrichtungen abgefragt, wobei hier die Antworten aus Bremen mit denen aus Nürnberg und dem Durchschnitt der 20 Städte verglichen werden, deren Daten veröffentlicht sind.



Die Zufriedenheit in Bremen 2012-3 mit verschiedenen städtischen Angeboten (Anteil der Zufriedenen in %)

Dienstleistung
Zufriedene Bremen
Zufriedene Nürnberg
Zufriedene insgesamt
Öffentliche Flächen
81
83
80
Grünflächen
87
77
82
Schulen
46
56
60
ÖPNV
86
86
81
Gesundheitsversorgung durch Ärzte und Krankenhäuser
88
94
91
Sportanlagen
74
74
72
Kulturelle Einrichtungen
86
89
86
Zustand von Straßen und Gebäuden
59
67
62
Einzelhandelsgeschäfte 85
77
79
Lärmpegel
75
75
75
Luftqualität
85
81
80
Sauberkeit
72
77
77
Quelle: Lebensqualität 2012, S. 14ff.


In Bremen wurden danach der ÖPNV, die Ausstattung mit Grünflächen und die Versorgung mit Einzelhandelsgeschäften positiver gesehen werden als im Durchschnitt der 20 Städte. Hingegen war die Zufriedenheit mit den Schulen relativ gering. Hier weist Bremen den zweitschlechtesten Wert nach Frankfurt/ Main auf.

Vergleichsweise negativ wird auch die Sauberkeit im öffentlichen Raum bewertet, wobei hier Bremen jedoch im unteren Mittelfeld aller Städte liegt.


Mit der Luftqualität ist man in Bremen hingegen überdurchschnittlich stark zufrieden. Unter den Großstädten mit mehr als 450.000 Einwohnern scheint die Weserstadt besonders wenig belastet zu sein, denn in Frankfurt am Main sind beispielsweise nur 65 % der Befragten mit der dortigen Luftqualität zufrieden.

Weitere Aussagen zur städtischen Lebensqualität

Mit einer weiteren Fragenbatterie wurde telefonisch die Zustimmung zu verschiedenen Aussagen über den Wohnort erhoben. Auch dazu soll hier ein Vergleich Bremens mit Nürnberg und dem Durchschnitt der untersuchten deutschen Städte erfolgen.



Zustimmung der Befragten zu Aussagen über die Städte Bremen, Nürnberg und die 20 untersuchten Städte (zustimmende Antworten in %)


Aussage
Zustimmung in Bremen
Zustimmung in Nürnberg
Zustimmung insgesamt
Ausländer sind gut integriert
51
62
62
Leicht, gute Wohnung zu
vernünftigem Preis zu finden
34
41
29
Menschen in .. kann man trauen
85
85
84
Armut ein Problem
81
54
53
Stadtverwaltung hilft schnell und unkompliziert
48
55
57
.. ist saubere Stadt
73
81
78
.. geht mit Mitteln verantwortungsvoll um
33
67
50
Zufrieden, in.. zu leben
95
95
94
In den nächsten 5 Jahren wird es angenehmer sein, in .. zu leben
52
60
59
Einfach, in . eine Arbeit zu finden
35
46
45
Fühle mich sicher in ..
74
94
87
Fühle mich in meiner Wohngegend sicher
82
96
93
Fühle mich tagsüber sicher in ..
94
98
97
Fühle mich nachts sicher in ..
58
75
65
Quelle: Lebensqualität 2012, S. 39ff.

Bei dieser Fragestellung sind die Unterschiede, die für Bremen ausgewiesen werden, gegenüber dem Durchschnitt der Städte, in denen die gleiche Befragung erfolgte, deutlich ausgeprägter. Dabei sind allerdings die Zustimmungswerte generell geringer als bei den Zufriedenheitsfragen, bei denen die Antworten in Untersuchungen generell aus Gründen der sozialen Wünschbarkeit positiv verzerrt sind, da sich viele Befragte davor scheuen, mit dem Wohnort, an dem sie häufig bereits lange leben, in der einen oder anderen Weise „unzufrieden“ zu sein.

Fünf negative Aspekte fallen bei den Antworten der Bremerinnen und Bremer zu den Wohnortbeschreibungen als Abweichungen vom Durchschnitt aller Städte besonders auf. So ist es in der Sicht der Befragten in Bremen schwer, eine Arbeitsstelle zu finden, sind die Ausländer hier schlecht integriert und geht die Verwaltung nur wenig verantwortungsvoll mit den Steuergeldern der Bürger um. In dieser letzten Frage weist Bremen fast ähnlich niedrige Werte wie Oberhausen ( 27%) und Saarbrücken (29 %) auf.


Auch auf die Frage zur Integration von Ausländer/innen äußern sich sich die Befragten in Bremen neben denen in Oberhausen und Wiesbaden recht kritisch. Hier stimmen dieser Aussage jeweils mehr als 40 Prozent der Befragten „eher nicht“ bzw. „überhaupt nicht“ zu und weichen damit vom deutschen Durchschnitt deutlich ab. (Lebensqualität 2012, S. 42)


Ein vierter kritischer Bereich ist in Bremen das geringe Gefühl von Sicherheit, das auf eine vergleichsweise hohe Kriminalitätsdichte zurückzuführen ist. Während sich noch viele Befragte tagsüber in Bremen sicher fühlen, sinkt ihr Anteil vor allem auch im Vergleich mit den anderen Städten deutlich, wenn generell nach dem Sicherheitsgefühl, dem im Wohngebiet und vor allem dem nächtlichen Sicherheitsgefühl fragt. Hier ist das Sicherheitsempfinden in Bremen deutlich niedriger als in Nürnberg und auch den Vergleichsstädten insgesamt, die zu einem großen Teil kleiner als Bremen sind.

Greift man als Beispiel die Frage zum allgemeinen Sicherheitsgefühl heraus, so fühlen sich in de Weserstadt 74 % sicher. Damit weist Bremen unter den betrachteten 20 deutschen Städten den niedrigsten Wert auf, der noch unter dem von Frankfurt am Main mit 80% der Befragten liegt.

Besonders extrem fällt in Bremen die Zustimmung zu einer neu aufgenommen Aussage über die jeweilige Stadt aus; denn es ist für 81 % der Befragten in Bremen „Armut ein Problem“. Die nächst höchste Zustimmung findet dieses Statement in der Ruhrgebietsstadt Oberhausen, wo allerdings „nur“ 69 % der Befragten die Situation in ihrer Stadt so beurteilen. Im Urteil ihrer Bewohner ist Bremen also eine „Armutsstadt“, wobei nicht ganz klar ist, ob sich das auf die städtischen Finanzen oder die Einkommenssituation ihrer Bewohner oder auf beides bezieht. (Lebensqualität 2012, S. 48)

Im europäischen Vergleich, der mit den Urban Audit-Studien von den EU-Statistikern besonders betont wird, hat Bremen damit genau den gleichen Wert wie Palermo auf Sizilien. (Europäische Kommission, S. 19)


Sehr positiv ist hingegen für Wohnungssuchende die Situation auf dem Wohnungsmarkt, worin man allerdings auch die positive Kehrseite der schwierigen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt sehen kann.


Die Bremer Daten im Zeitvergleich



Da Bremen sich sowohl an der ersten Befragung in Jahre 2006 als auch sechs Jahre später an der aktuellen im Jahr 2012 teilgenommen hat, ist auch teilweise ein Vergleich der Ergebnisse möglich. Allerdings ist dabei die Zahl der betrachteten Merkmale begrenzt, da nicht alle Fragen in beiden Untersuchungen identisch waren.


Die Entwicklung der Zufriedenheit in Bremen 2006 – 20012-3 (Anteil der Zufriedenen in %)

Infrastrukturbereich
2006
2012-3
ÖPNV
86
86
Schulen
43
46
Grünflächen
84
87
Sportanlagen
64
74
Kulturelle Einrichtungen
77
86
Quellen: Lebensqualität 2006 und 2012.

Dieser Vergleich fällt für Bremen sehr positiv aus, da die Zufriedenheit, sieht man einmal von den bereits sehr positiven Bewertung des ÖPNV ab, deutlich gestiegen ist. Das gilt sogar - wenn auch in einem sehr geringen Maße - für den kritischen Bereich „Schulen“.


Die Entwicklung der Zustimmung in Bremen 2006 – 2012-3 (zustimmende Antworten in %)


Aussage
2006
2012-3
leicht, gute Arbeitsstelle zu finden
12
35
leicht, gute Wohnung zu vernünftigem Preis zu finden
54
34
Ausländer integriert
31
51
Stadtverwaltung hilft schnell und unkompliziert
36
48
.. geht mit Mitteln verantwortungsvoll um
25
33
Saubere Stadt
68
73
Quellen: Lebensqualität 2006 und 2012.

Auch bei den Aussagen über den Wohnort, denen man zustimmen konnte, zeigt sich der positive Trend. Dabei besteht allerdings eine Ausnahme, denn gegenwärtig hält man es für schwieriger, in Bremen leicht eine gute Wohnung zu einem vernünftigen Preis zu finden. Vermutlich ist das der Nachteil, der mit einer besser eingeschätzten Situation auf dem Arbeitsmarkt verbunden ist. Insgesamt dürfte also eine Angleichung an die durchschnittliche deutsche Situation auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt erfolgt sein.



Einige Stärken und Schwächen Bremens im Detail



Um die Befragungsergebnisse für jede Stadt zu visualisieren und dabei gleichzeitig die wichtigsten Ergebnisse herauszuarbeiten, verwendet die Studie sogenannte Radar- oder Netzdiagramme, die allerdings bisher nur für die Erhebung von 2006 veröffentlicht wurden.


Radardiagramm der Ergebnisse für Bremen im Jahr 2006





Dabei haben die Autoren sieben Fragekategorien als besonders relevant ausgewählt und in der Darstellung verwendet. Es handelt sich dabei um die Bereiche ÖPNV, Luftverschmutzung, Arbeitsplatzsituation, Wohnraum, Ausländerintegration, Umgang mit Steuergeldern und Sicherheit. Für diese Merkmale wurden auf Kategorienachsen die Anteile der Befragten abgetragen, der mit der vorgegebenen Aussage einverstanden bzw. mit der Situation zufrieden waren.


Die Beurteilung der Ergebnisse für eine einzelne Stadt wird dabei durch zusätzliche farbige Linien erleichtert, die das EU-Maximum (grün), das EU-Minimum (schwarz) und den EU-Median (blau) anzeigen. Besonders herausgehoben sind die Werte der jeweiligen Stadt, die durch eine rote Linie verbunden sind.

Positiv ist daher die Situation in einer Stadt bei den Kategorien, wenn die rote Linie deutlich entfernt von der schwarzen und nahe der grünen Linie verläuft, sofern kein Fehler vorliegt.

Im Netzdiagramm für Bremen lässt sich so die gute Bewertung des ÖPNV und die schlechte bei Arbeitsplätzen deutlich ablesen, während offenbar bei der Kategorie „Safety“ ein Fehler vorliegt.

Durch diese Visualisierung kann somit ein erster Eindruck der komplexen Ergebnisse vermittelt und durch den einfachen Vergleich auch eine schnelle Bewertung ermöglicht werden 



Die Bremer Grünflächen


In der Auswertung der Telefonbefragung von 2006 gab es zu den Grünflächen Bremens noch einige Detailinformationen. So hat hier die positive Bewertung eine durchaus reale Grundlage; denn im Durchschnitt stehen den Bürgern und Bürgerinnen in den untersuchten Städten jeweils 30,5 bzw. 23,5 qm Erholungsfläche bzw. Grünanlage zur Verfügung, wobei Bremen hier mit Braunschweig an der Spitze liegt. (Klein/Rosel)

Allerdings zeigen sich bei der Beurteilung der Grünflächen demografische Unterschiede. So ist in Bremen ähnlich wie in anderen Großstädten die jüngere Bevölkerung (15 bis unter 25 Jahre) mit dem Angebot an Grünflächen weniger zufrieden als ältere Menschen (55 Jahre und älter), wobei hier die Differenz mit mehr als 10 Prozentpunkte jedoch besonders groß ist. Die Grünanlagen in Bremen wie etwa der Rhododendronpark scheinen also eher etwas für ältere Einwohner zu sein.



                                           Rhododendron-Park

Und noch eine weitere Besonderheit trifft hier auf die Grünflächen zu. Zwar werden auch in einigen anderen Städten die Grünanlagen von Ausländer schlechter als von deutschen Einwohnern beurteilt, aber nirgends ist der Unterschied so groß wie in Bremen; denn hier unterscheidet sich die Zufriedenheit der beiden Gruppen sogar um mehr als 25%-Punkte, da 59,7 % der Ausländer, aber 85,4 % der Deutschen zufrieden sind.


Grünanlagen objektiv und subjektiv





Der generelle Zusammenhang zwischen der objektiven Ausstattung mit Grünflächen und den Zufriedenheitsdaten zeigt sich im Streuungsdiagramm, in dem die hohen Flächen pro Einwohner in Braunschweig und Bremen auch mit hohen Zufriedenheitsbewertungen verbunden sind. Allerdings können andere Städte wie Dresden, Freiburg und Frankfurt/ Main noch höhere Zufriedenheitswerte mit deutlich kleineren Flächen erreichen. Für die Zufriedenheit kann also vermutlich auch die Verteilung der Flächen im Stadtgebiet und eine grüne Umgebung verantwortlich sein.




Gefühlte und erhobene Kriminalität



Weniger ausgeprägt als bei den Grünflächen ist der Zusammenhang zwischen der wahrgenommen Sicherheit und der statistischen erfassten Kriminalität, die in allen Untersuchungen ein wichtiger Aspekt für die relativ schlechte Bewertung Bremens ist. Trotzdem haben Köln und Bremen im Vergleich der 22 Städte bei der Straßenkriminalität die größte Häufigkeitszahl je 100.000 Einwohner und auch nur niedrige Anteile von Befragten, die sich immer sicher fühlen. So fühlten sich 2006 in Berlin, Bremen und Köln ca. 67,0 % der Befragten in ihrem Stadtteil sicher, während der Durchschnitt für alle 22 deutschen Städte bei 75,6 % lag.


Wohnungseinbrüche und Sicherheitsgefühl

Quelle: Waespi-Oeß.


Wie der Vergleich der Zusammenhänge zwischen dem Gefühl der Sicherheit und den Wohnungseinbrüchen bzw. der Straßenkriminalität nachweist, kann die bei der Polizei angezeigte Delikthäufigkeit bei Wohnungseinbrüchen die gefühlte Sicherheit oder in diesem Fall wohl besser gefühlte Unsicherheit besonders gut erklären. Das dürfte auf die stärkere Bedrohung der Wohnung als Privatsphäre zurückzuführen sein.

Straßenkriminalität und Sicherheitsgefühl

Quelle: Waespi-Oeß.

Die Bremer Stadtverwaltung: Für viele verschwenderisch und wenig hilfsbereit





In einem Aufsatz zur Lebensqualitätstudie von 2006 wurden Zusammenhänge zwischen den beiden Fragen zu den Stadtverwaltungen untersucht (vgl. 
Schonfeld-Nastoll). Das Streuungsdiagramm zeigt dabei eine mögliche Abhängigkeit zwischen dem Eindruck von einem verantwortungsvollen Einsatz der Mittel und der Qualität der Beratungsleistung gegenüber den Bürgern. 

Der scheint nicht nach der einfachen Formel zu funktionieren, dass ein Mehr an Ausgaben zu einer besseren Beratung führt. Der Trend sieht hingen so aus, dass eine Stadtverwaltung immer dann auch als wenig verantwortungsvoll im Umgang mit den Mitteln eingeschätzt wird, wenn man sie für nur wenig hilfsbereit und unkompliziert im Umgang mit den Bürgern hält.

Extremfälle dieser negativen Kombination waren 2006 Berlin und Frankfurt an der Oder, aber die Werte für Bremen waren damals nur leicht besser.


Zusammenhänge zwischen Beurteilungsdimensionen von Stadtverwaltungen


Quelle: Schonfeld-Nastoll.


Die Situation von Familien mit Kindern 2008


Ein spezieller Fragenkreis der Telefonbefragung zur Lebensqualität zielte in der Erhebung von 2008 auf die Situation von Familien mit Kindern, für die u.a. Möglichkeiten für die Ganztagsbetreuung und vorhandenen bezahlbaren, familiengerechten Wohnraum erhoben wurden. (Berg/ Neurauter)

Schlusslichter unter den sieben Städten, auf die sich diese Untersuchung beschränkte, waren Bremen, Dresden und Köln. Am unzufriedensten zeigten sich die Eltern in Bremen und Köln; denn hier sahen jeweils zwei Drittel der Befragten einen Verbesserungsbedarf.



Quellen:


Berg, Jacqueline und Neurauter, Stefanie, Familienfreundlichkeit aus Bürgersicht – Ergebnisse des zusätzlichen Fragemoduls, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008, S. 119 – 145.

Burkard, Hermann, Ausländer, die in ... leben sind gut integriert, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008 , S. 108 – 116.

Klein, Hermann und Rosel, Barbara, Zufriedenheit mit Grünflächen und Sportanlagen, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008, S. -89.

Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.), Bürgerbefragung zur Lebensqualität 2009. Düsseldorf im internationalen Städtevergleich (Beiträge zur Statistik und Stadtforschung 50).

Schob, Anke, Methodik der Urban Audit Befragung in fünfzehn deutschen Städten, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008, S. 10 – 11.

Schonfeld-Nastoll, Ulrike, Zufriedenheit mit der Stadtverwaltung, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008, S. 94 – 97.

Verband Deutscher Städtestatistiker (Hg.), Lebensqualität aus Bürgersicht - deutsche Städte im Vergleich Erste koordinierte Bürgerbefragung in deutschen und europäischen Städten. Ein Projekt der Städtegemeinschaft Urban Audit und des Verbandes deutscher Städtestatistiker (VDSt), Frankfurt am Main 2008.

Ders. (Hg.), Lebensqualität in deutschen Städten 2009-10, o.O. u. O.J.

Ders. (Hg.), 3. Koordinierte Bürgerbefragung : Lebensqualität aus Bürgersicht – Deutsche Städte im Vergleich 2012 - Ein Projekt der Städtegemeinschaft Urban Audit und des Verbandes deutscher Städtestatistiker (VDSt),o.O. u. O.J.

Waespi-Oeß, Rainer, Beurteilung des Sicherheitsgefühls im Stadtteil und in der Gesamtstadt, in: Lebensqualität aus Bürgersicht 2008, S. 98 – 104.


Anhang: Ergebnisse für 2006

Die Zufriedenheit mit städtischen Angeboten 2006

Infrastrukturbereich
Zufriedene in Bremen
Zufriedene in Nürnberg
Zufriedene in Hamburg
Alle Städte
ÖPNV
86
85
87
76
Schulen
43
57
46
53
Med. Versorgung in Krankenhäusern
73
78
70
73
Med Dienstleistungen bei Ärzten
89
89
83
86
Grünflächen
84
73
89
77
Sportanlagen
64
62
65
63
Kinos
69
80
78
74
Kulturelle Einrichtungen
77
87
90
83
Öffentlicher Internetzugang
46
40
43
42
Internetzugang zu Hause
70
65
71
70

Zufriedene: Angaben: „eher zufrieden“ und „sehr zufrieden“ ; Unzufriedene: Angaben „überhaupt nicht zufrieden“ und „eher unzufrieden“.

Quelle: Lebensqualität 2006.

Zustimmung der Befragten zu Aussagen über die jeweilige Stadt  (2006)

Die Aussage findet in .. Zustimmung von .. %
Bremen
Alle Städte
leicht, gute Arbeitsstelle zu finden
12,0
23,6
Ausländer integriert
30,7
47,9
Wohnung zu vernünftigem Preis finden
54,2
29,9
Stadtverwaltung hilft
36,0
48,4
Luftverschmutzung großes Problem
36,0
48,1
Lärm großes Problem
36,0
41,9
Saubere Stadt
68,2
70,2
Stadt geht mit Mitteln verantwortungsvoll um
25,2
38,0
Quelle: Lebensqualität 2006, S. 160 ff.
  

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