Montag, 10. März 2014

neu: SWM: Wollpreise



Auktionen, Preiszyklen und ein Pufferbestand



Mit den Preisen der Rohwolle scheinen keine großen Geheimnisse verbunden zu sein. Entscheidend sind für den Wollpreis auf der Erde die Preisfeststellungen in Auktionen, die in 46 Wochen jährlich durch die australische Wollbörse (Australian Wool Exchange (AWEX)) erfolgen und deren Ergebnisse inzwischen weltweit über das Internet abgerufen werden können. Das war früher auch auf der Webseite der BWK möglich und heute noch immer über das Internetangebot
 des letzten BWK-Eigentümers Elders.



Die australischen Wollauktionen


Der größte Teil der australischen Rohwolle wird über Auktionen der vermarktet, die in den Regionen Norden - das sind de Bundesstaaten Neusüdwales und Queensland- , Westen (Westaustralien) und Süden (Viktoria, Südaustralien, Tasmanien und Neuseeland) erfolgen.

In diesem Fällen wird die Wolle von der Farm zu den Börsenstandorten transportiert, dort nach den festgelegten Kriterien von ausgebildeten Wollklassifikatoren den Merkmalsklassen zugeordnet und anschließend versteigert. Gehandelt wird in den fünf Verkaufszentren Sydney, Melbourne, Fremantle und Newcastle


                                                 Wollauktion in Melbourne


Anders als in früheren Zeiten erfolgt die Preisermittlung heute elektronisch, sodass sich das Geschehen praktisch nur noch auf Monitoren abspielt, wie ein Video von der Preisentwicklung am 19.Februar 2013 zeigt.

Die Ergebnisse der Auktionen findet man in den täglichen und monatlichen Marktberichten der AWEX.


                               Preisbericht der AWEX vom 4.7.2012


                        AWEX-Marktbericht vom 4. Juli 2012 

Die Preisindizes

Wie ein Blick auf die Wollpreise zeigt, die in den Auktionen ermittelt werden, kann dabei von einem einzigen Wollpreis keineswegs die Rede sein. Es gibt vielmehr erhebliche Unterschiede. Das gilt schon für die fünf australischen Verkaufsstandorte, auch wenn die relativ gering sind. Entscheidend ist jedoch die unterschiedliche Qualität der Wolle, die nach der Farbe, der Verunreinigung und vor allem nach dem Durchmesser der Wollfasern bestimmt wird. Hier bestehen ganz deutliche Unterschiede, wie die Tabelle im Anhang belegt.

Wenn man also etwas über den Wollpreis aussagen will, muss man diesen Begriff genauer eingrenzen. Das wird häufig die Feinheit der Fasern sein.

In anderen Fällen möchte man jedoch Aussagen über Tendenzen auf dem Wollmarkt insgesamt treffen, als über mehr oder weniger stark steigende oder fallende Preise, die für die weitere Einschätzung des Marktgeschehens von den Wollproduzenten und -konsumenten benötigt werden.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat die AWEX Indizes entwickelt, mit deren Hilfe sich wichtige Tendenzen auf dem Wollmarkt abbilden lassen. Der wichtigste Index ist dabei der AWEX Eastern Market Indicator (AWEX-EMI).



Der Wollpreistrend

In der langfristigen Betrachtung sind die Wollpreise wie auch die anderer Rohstoffe deutlich gestiegen. Das wird einerseits auf die Inflation der Währungen zurückgeführt. Andererseits weisen jedoch auch immer wieder die Verkäufer von Rohstofffonds und Optionen auf Rohstoffe darauf hin, dass die Weltbevölkerung steigt, während die Rohstoffe bestenfalls begrenzt wachsen. Das gilt sogar für die nachwachsenden Rohstoffe wie die Wolle, da sich die Weidefläche für Schafe kaum noch vergrößern lässt und sich auch die Flächenproduktivität nicht beliebig steigern lässt.

Allerdings sind diese groben Tendenzen nur ein Teil der Wahrheit, wie ein Blick auf die australische Wollproduktion gerade in den letzten Jahrzehnten zeigt; denn in diesem Fall haben die australischen Wollfarmer nicht die Grenzen der geografisch möglichen Wollproduktion erreicht. Vielmehr mussten sie ihre Produktion zurückfahren, da die nötige Nachfrage nach ihrer Merinowolle rückläufig war.

                        Australische Wollproduktion 1901 - 2011
                           Quelle: Australian Bureau of Statistcs



Langfristig gesehen bestehen auch Zusammenhänge zwischen der produzierten Wollmenge und den Wollpreisen, die bis in die 1980_re Jahre nur einen Trend nach oben zu kennen schienen und damit eine goldene Zeit für die Wollproduzenten anzeigten.



                Neuseeländische Wollexportpreise 1925 - 2010

Wollpreise in Neuseeland 1925 - 2010

Dieser steigende Trend wurde bis zu Beginn der 1990_er Jahre kaum unterbrochen. Wenn man von den üblichen kleinen Ausschlägen absieht, gab es nur Anfang der 1950_er Jahre eine größere Abweichung. Die resultierte damals aus der Koreakrieg, als die USA für ihre Soldaten praktisch die gesamte Wollproduktion der Erde aufkauften, was zu einem extremen Preisausschlag nach oben führte. So stieg der Wollris zunächst zwischen 1949 un 1950 auf mehr als das Doppelte. Die anomale Situation hat sich dann in den folgenden Jahren wieder normalisiert, was mit einem kräftigen Rückgang der Wollpreise verbunden war.



Die Preiszyklen


Neben dem bis in die 1990_er Jahre kaum unterbrochenen steigenden Gesamttrend ist der Wollmarkt durch zahlreiche zyklische Schwankungen gekennzeichnet, die nicht ausschließlich von konjunkturellen Einflüssen abhängig sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wollpreise von Faktoren beeinflusst werden, die beispielsweise bei anderen Rohstoffen wie Kohle oder Mais bzw. Schweinebäuchen keine Rolle spielen. Das sind auf der Angebotsseite vor allem Witterungseinflüsse, da in Dürren, die etwa in Australien und Südafrika nicht unbedingt selten sind, zahlreiche Schafe verdursten und damit die Rohwollproduktion für mehrere Jahre zurückgeht. 

Auf der Nachfrageseite muss die Wolle mit anderen Textilfasern konkurrieren, wobei sich die Gunst der Modemacher kaum prognostizieren lässt. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Image, das die Schafwolle und speziell die Wolle von Merinos bei den Konsumenten besitzt. Hier können die Wollproduzenten inzwischen nicht mehr auf eine generell positive Einstellung der Kundinnen und Kunden zur "reinen Schurwolle" vertrauen. 



Wollpreise in Australien 1991 - 2004

         Quelle: Vorstandsrede auf der BWK-HV 2004 (Archivierte Webseiten)


Innerhalb eines Zyklus von drei Jahren waren so Preissprünge von +70% und -35% keineswegs eine Ausnahme. Diese Volatilität der Wollpreise hat eine Reihe von Folgen, da sie die Produzenten und Abnehmer der Rohwolle vor schwierige Kalkulationsprobleme stellt und Spekulanten anlockt, die bei einem generell steigenden Preistrend kurzfristige Gewinne erzielen wollen, indem sie die zyklischen Schwankungen noch zusätzlich ausnutzen, also zu einem Tiefpunkt kaufen und dann etwas 18 Monate später ihre Gewinne realisieren wollen. 



Der australische Interventionsplan und seine Folgen


Diese Schwankungen der Wollpreise können vor allem für die Wollfarmer zu erheblichen Einkommenseinschnitten führen, da ihre Kosten unabhängig von der Situation auf dem Wollmarkt gleich bleiben und sich die Zahl der Schafe nicht rasch dem Niveau der Wollpreise anpassen lässt.

Um diese soziale Problematik vor allem bei den kleineren Farmern zu beseitigen, die auch bei anderen Agrarprodukten wie dem Weizen in den kanadischen Präriestaaten auftritt, wurden Interventionen des Staates bzw. von speziellen Institutionen vorgeschlagen, durch die bei niedrigen Preise Rohwolle aufgekauft und bei hohen Preisen wieder verkauft wird. Ein derartiges System, der sogenannten Reserve price scheme (RPS), wurde 1974 in Australien eingeführt und musste 1990 aufgegeben werden, da die eingelagerte Rohwolle nicht mehr zu finanzieren war.

Im australischen Fall hat das System zunächst zu deutlichen steigenden Preisen geführt, bevor mit dem Zusammenbruch des Systems erhebliche Preiseinbrüche erfolgten, wie die Charts zum Wollpreis und zur Schafhaltung zeigen.





                    Puffer ökonomisch betrachtet

Der Terminmarkt für Wolle

Unabhängig von einem Rohstofflager, das für einen Preisausgleich bei volatilen Preisen führt, gibt es einen anderen Weg, um sich gegen Preisschwankungen zu versichern. Dabei kann man jedoch nicht, wie beim Interventonsplan auf stetig steigende Preise und damit wachsende Einkommen setzen. 

In diesem Fall wird der erwartete Preis auf einem Warenermimarkt ausgehandelt. Das bedeutet, dass Wollproduzenten bereits im Voraus ihre Rohwolle verkaufen, wenn der Preis eine für sie akzeptable Höhe erreicht hat, während Wollverabeiter wie Wollwäschereien und -kämmereien Rohwolle erwerben, wenn der Preis für sie und ihre Kalkulationen vertretbar ist. Der Vorteil ist dabei, dass die Anbieter und Nachfrager eine feste Preisgrundlage für ihre Planung haben, also nicht die kurzfristigen Preisschwankungen am Wollmarkt die Erfolge der Schafzucht oder die industriellen Produktivitätsfortschritte von heute auf morgen zunichte machen können.

Derartige Termingeschäfte wickelt für Rohwolle die ASX Group (ASX) ab. Hier lassen sich auch entsprechende Optionen für den Kauf bzw. Verkauf von Rohwolle erwerben.

Wegen der Gebühren, die mit dem Handel über einen speziellen W
ollbroker verbunden sind, ist das allerdings kein Geschäft, das sich man mit etwas Taschengeld oder aus der Portokasse abschließen lassen.


Leitfragen


Welche Faktoren bestimmen das Angebot und die Nachfrage nach Schafwolle?

Wie erklärt sich der langfristige Trend der Wollpreise?

Wodurch ist es zu Abweichungen vom langjährigen Preistrend gekommen?

Warum haben viele australische Wollfarmer einen Pufferstok (stockpile) gefordert?

Welche Auswirkungen hatte der Zusammenbruch des Preissystems auf den Wollmarkt?

Warum sichern sich Verarbeiter von Rohwolle wie die Wollkämmereien gegen die Preisschwankungen auf dem Wollmarkt ab?

Wie und unter welchen Bedingungen lassen sich durch die volatilen Wollpreise spekulative Gewinne erzielen?



Fakten und Quellen:



Neben den verlinkten Beiträgen findet man weitere Informationen u.a. in folgenden Texten:


Aktuelle Internetinfos:


Reserve price scheme (RPS):
fw.farmonline.com.au/files/05/44/35/000354405/128woolonmove.pdf

Wollhandel in Australien: www.awex.com.au/awexwr/_assets/main/lib5002/wool%20buying%20in%20australia%202010.pdf

Publikationen der BWK:


Glanz und Elend des Wollpreissystems, in: Sir Charles, 15, Juni 1991, S. 4.

Warum die Wollwährung bei der short position gehedged wird. Dvisenhandel der BWK: Kein Platz für Spekulanten, in: Sir Charles, 20, September 1993, S. 3.

Wollberg in Australien. Nachfrage nach Wollprodukten ankurbeln, in: Sir Charles, 20, S. 7.

Virtuelle Wolle. Der Sydney-Wool-Future, in: Sir Charles, 34 (September 1997), S.2.

Stockpile: Abgebaut. Letzter Ballen verkauft, in: Sir Charles, 50, September 2001, S. 4.

AWK: Auktionsbesuch. Abliefern, Prüfen, Zuschlagen, in: Sir Charles, 60, August 2004, S. 3.




Materialien

Durchschnittliche Preise nach dem Durchmesser der Wollfasern 2012-3 in der australischen Nord-Region





Feinheit in Mikron
                      Preis
 in Cent/kg

165 1497


17 1371


175 1318


18 1273


185 1240


19 1214


195 1183


20 1155


21 1147


22 1132


23 1111


24 1012


25 897


26 812


28 602


30 560


32 476







Quelle: AWEX nnual Report 2013 , S. 38.










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