Dienstag, 3. Dezember 2013

Aktuelles: Tanklager

Die Zukunft des Tanklagers Farge



Stand des Tanklagerskandals


Beim Tanklager Farge, das sich auf einer Fläche von 320 ha in den Ortsteilen Farge und Rönnebeck sowie in der angrenzenden niedersächsischen Gemeinde Schwaneweder erstreckt und in der Nazi-Zeit zwischen 1936 und 1943 zum Teil durch Zwangsarbeiter gebaut wurde, hat das Bremer Umweltamt spätestens 2006 Grundwasserkontaminationen festgestellt, über die das Umwelt- und Gesundheitsamt erstmals im Mai 2009 in einem Warnschreiben die Anwohner einiger Straßen in Farge und Rönnebeck informiert hat. 

Nachdem durch eine Panorama-Sendung unter dem Titel „Umweltskandal: Vertuschung in Bremen?“ neue Fakten bekannt wurde, forderten die Anwohner zunächst eine umfassende und transparente Information durch die zuständigen Stellen, d.h. vor allem durch den Bremer Umweltsenator.


Dem hat die Bremer Verwaltung bisher kaum entsprochen. So wurden vom Umweltamt nur Messergebnisse bis zum 9. Juli 2012 veröffentlicht, während die Gewerbeaufsicht eine Einsicht in die Betriebsgenehmigung des Tanklager verweigert hat. Auch müssen die betroffenen Anwohner weiterhin auf ein Gutachten des Katasteramtes warten, das es ein im Blumenthaler Beirat angenommener Bürgerantrag erbeten hat. Hierin sollte über die Auswirkungen des Umweltskandals auf die Preise der betroffenen Grundstücke berichtet werden. In diesem Fall wurde in der Stellungnahme zum Bürgerantrag nicht einmal auf diesen Antrag eingegangen.

Die Anwohner sehen daher weiterhin ihre Gesundheit gefährdet und müssen mit kaum noch verkäuflichen Immobilien leben, ohne dass sie sich umfassend informieren können, denn die auch in einer Petition geforderte aktuelle Berichterstattung im Internet wurde bisher nur ohne zeitliche Terminierung und ohne jede inhaltliche Konkretisierung angekündigt. 

Dieses Verhalten der Behörden, die in teilweise arroganter Weise ihr Informationsmonopol nicht aufgeben wollen und das man kaum als bürgernah bezeichnen kann, hat zwangsläufig zu Misstrauen und Gerüchten geführt.




Tanklagerkonversion


Nachdem das Tanklager inzwischen seine Bedeutung für die Bundeswehr verloren hat, steht es zum Verkauf, wobei auch über den Stand dieser Verkaufsverhandlungen sogar der Presse bisher keine Auskünfte gegeben werden. 

Diese anstehende Konversion wirft angesichts der vorliegenden Kontaminationen die Frage auf, ob Blumenthal ein Tanklager Farge braucht oder ob es nicht besser ist, wenn mit allen zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Mitteln versucht wird, einen privatwirtschaftlichen Weiterbetrieb zu verhindern.

Eine ganze Reihe von Argumenten spricht zumindest dafür, dass Farge und Rönnebeck, aber auch Blumenthal besser ohne dieses Tanklager leben können als mit dieser fortwährenden potenziellen Bedrohung.




7 Gründe gegen ein Tanklager Farge


Da das Tanklager als geheime militärische Anlager unter der Nazi-Diktatur entstanden ist, wurde bei seiner Planung praktisch nichts von dem geprüft und in einem öffentlichen Verfahren diskutiert, was heute nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz notwendiger Standard ist. Dazu zählen die Erörterung öffentlicher Einwände nach einer öffentlichen Auslegung der Planunterlagen, eine Umweltprüfung und die Vorlage eines Sicherheitskonzepts für Störfälle.

Es ist daher kaum fraglich, ob nach dem heutigen Stand des Umweltrechts eine Anlage aus 15 Behälterblocks, die aus jeweils fünf liegenden 50 m langen Stahlzylindern mit 10 m Durchmesser bestehen, und 18 tief unter der Erdoberfläche in einem Areal liegen, das sich in Teilen innerhalb eines Wasserschutzgebietes in der Nähe angrenzender Wohngebiete befindet, eine Betriebsgenehmigung erhalten hätte. Das wäre, wenn man dem Text des Gesetzes folgt, sicherlich nicht der Fall.

Allein die Annahme, eine Art Gewohnheitsrecht müsste vom Staat nicht nur dem Staat, sondern sogar einem möglichen Käufer zugestanden werden, sichert so juristisch den Bestand der Anlage.

Aber dieses angebliche Recht deckt sich nicht mit einer Reihe rationaler Argumente:



1. Gefährdung der Gesundheit der Anwohner 

Wie die Ausbreitung der Kontaminationen auf die Wohngebiete in Farge und Rönnebeck belegt, kann ein Tanklager das Leben der Anwohner erheblich beeinträchtigen, da sie beispielsweise das Grundwasser nicht benutzen dürfen und Kinder nicht sorglos im Sandkasten spielen lassen können, und möglicherweise auch ihre Gesundheit gefährden.




2. Gefährdung des Wasserschutzgebietes und damit des Bremer Trinkwassers

Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und damit auch der Betrieb eines Tanklagers ist nach heutigem Recht in der Wasserschutzzone III eines Trinkwasserschutzgebiete untersagt. Damit hat der Gesetzgeber ein sehr klares und eindeutiges Urteil gesprochen, das auch die Blumenthal Gültigkeit besitzt.


 3. Gefährdung der natürlichen Umwelt 

Auf dem Gebiet des Tanklagers konnte bisher nicht ermittelt werden, ob durch den spezifischen Betrieb schützenswerte Teile der Fauna und Flora bedroht sind, die auf der Roten Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten stehen. Hier wäre ein entsprechender Schutz zu sichern, worauf der BUND aufmerksam gemacht hat.

  
4. Unzureichende Kontroll- und Sicherheitskonzept 

Wie die erst sehr spät erfolgten Messungen der Grundwasserbelastung und das weitere Ausbreiten der Kontaminationsfahne anzeigen, liegt bisher immer noch kein effektives Sicherheitskonzept für das Tanklage vor. Dabei ist nicht geklärt, ob es sich dabei um einen organisatorischen Fehler handelt oder ob eine solches Konzept aufgrund der baulichen Vorgaben gar nicht möglich ist. In jedem Fall ist das Tanklager ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko.


5. Potenzielle Vergrößerung der Gefährdungssituation durch einen privaten Betreiber 

Bei einer möglichen privatwirtschaftlichen Nutzung des Tanklagers im Rahmen der strategischen Ölreserve wird ein Betreiber im Wettbewerb zu anderen Öllagermöglichkeiten stehen, die aufgrund oberirdischer Tanks oder natürlicher Kavernen eine erheblich günstigere Kostenstruktur besitzen. Um dennoch konkurrenzfähig zu arbeiten, entsteht ein ständiger Druck zur Kostensenkung, der, wie vergleichbare Privatisierungen in anderen Infrastrukturbereichen zeigen, leicht zu gefährlichen Einsparungen bei der notwendigen Sicherheit führen.


Auch kann ein privater Eigentümer das Tanklager weiterverkaufen, sodass der Bund im Prinzip keinen Einfluss darauf hat, wer schließlich das Tanklager wie betreiben wird. Die dadurch mögliche Steigerung des Gefahrenpotenzials ist besonders groß, weil die Betriebsgenehmigung angeblich nicht bei einem Eigentümerwechsel neu erteilt werden muss.

6. Schädigung des Images der Ortsteile Farge und Rönnebeck sowie des Stadtteils Blumenthal 

Diese anscheinend unkontrollierbaren Gefahrenmomente lassen das Tanklager als tickende Zeitbombe erscheinen, die fast zwangsläufig das Image der betroffenen Ortsteile und von ganz Blumenthal belastet. Der gesamte Raum wird dadurch mit einem Umweltskandal assoziiert, was sich vor allem negativ auf den Immobilienmarkt auswirkt und die Wohngebiete kaum noch als „gute Adresse“ erscheinen lässt.


7. Beeinträchtigung von Zukunftschancen für die Ortsteile und für Blumenthal 



Das Areal des Tanklagers hat wegen der hermetischen Absperrung für die anliegenden Ortsteile praktisch keine wirtschaftliche Bedeutung. Vielmehr werden dadurch sogar direkte Wegeverbindungen etwa zum „Schulzentrum in den Sandwehen“ verhindert.

Ohne diese Abriegelung und ohne den Weiterbetrieb eines Tanklagers könnte eine kürzere Straßenverbindung gebaut und das Wald- und Heidegebiet zumindest in den Teilen, die nicht kontaminiert sind, als Freizeitangebot genutzt werden. Dadurch können neben und nach den Sanierungsarbeiten vermutlich neue Arbeitsplätze etwa in der Gastronomie eines Naherholungsgebietes entstehen, die sogar die jetzigen Arbeitsplätze des Tanklagers zumindest von der Anzahl her leicht ersetzen können.


Auch sollte man nicht die längerfristige Perspektive aus den Aussagen verlieren, die für die Entwicklung von Farge und Rönnebeck besteht. Hier wird einmal ein bisheriges No-Go-Gebiet entsprechend den Sanierungsfortschritten zu einem planerischen „Neuland“, das für viele spannende Nutzungen zur Verfügung steht. 



Vom Tanklager-Problemgebiet zum Bebauungsplan „Ehemaliges Tanklager“ 


Eine Regelung der Probleme, die sich aus der Kontamination des Grundwassers und der Konversionsabsicht der Bundeswehr ergeben haben, ist durch ein aktives Engagements Bremens denkbar.

So könnte Bremen das Areal für einen symbolischen Preis vom Bund kaufen, um anschließend die dringend notwendige Bestandsaufnahme aller Kontaminationen und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu organisieren.

Wenn diese Informationen vorliegen, lässt sich für unbelastete Teile ein notwendiger Rückbau von Anlagen planen und ein Bebauungsplan aufstellen. Dabei sind dann entsprechend dem geltenden Recht die Bürger und Anwohner zu beteiligen, sodass in der Zukunft Nutzungen vermieden werden können, die der Gesundheit der Anwohner schaden, das Trinkwasser gefährden sowie die Flora und Fauna bedrohen.



Diskussion der Probleme

Nachrichten und Meinungen zum Tanklager können im Forum „Blumenthal: Probleme und Chancen“ diskutiert werden. Hier gibt es auch eine Rubrik, die über aktuelle Termine der Bürgerinitiative informiert.

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