Samstag, 7. September 2013

Wahl 2009


Die Bundestagswahl 2013 in den Bremer Sozialräumen


Teil I:

Die Bundestagswahl 2009 in Bremen



Für eine Analyse des Wahlverhaltens bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 kann eine Betrachtung städtischer Sozialräume wichtige Einblicke liefern. Eine Voraussetzung dafür ist eine Kenntnis des Sozialräume und des früheren Wahlverhaltens.

Bremen wies dabei 2009 einige Unterschiede zu zahlreichen ähnlich großen Städten und dem Bundesgebiet insgesamt auf, die aus der spezifischen Wirtschafts- und Sozialstruktur sowie der Bremer Landespolitik resultieren dürften.

Typisch für Bremen insgesamt und damit ein Hintergrund für die sozialräumliche Detailanalyse waren die Schwäche von CDU und FDP, während 2009 neben der traditionell starken Bremer Dauerregierungspartei SPD und den an der Weser schon sehr früh aktiven Grünen die Linke einen für Westdeutschland ungewöhnlich hohen Wähleranteil erreichte.

Innerhalb Bremens stammt die Stärke der SPD zu einem großen Teil aus den städtebaulich geförderten WiN-Gebieten, während die Grünen ihre Hochburgen in den von Single-Haushalten bevorzugten Altbaugebieten am Cityrand besitzen.

Die sogenannten bürgerlichen Parteien CDU und FDP waren nicht nur in den Sozialräumen mit einem hohen sozialen Status stark, sondern auch in Gebieten mit einem hohen familialen Status und einem niedrigen Ausländerstatus. Letzteres gilt aber vor allem für die CDU, die auch sehr gut in Quartieren mit einem hohen Anteil an Senioren abschnitt. Die Bremer Linke schließlich findet besonders viele Wähler in den Single-Quartieren, in denen die Grünen ihre Hochburgen besitzen, aber auch in den ehemaligen Arbeitergebiete, die jetzt durch das WiN-Programm gefördert werden.

Im Bremer Norden fallen vor allem die deutlichen Unterschiede zwischen benachbarten Ortsteilen auf, was zu einem diffusen Gesamtbild führt. Besonderheiten sind die Quartiere mit einem niedrigen Ausländerstatus und der bisher nicht als WiN-Gebiet anerkannte Ortsteil Blumenthal, der entsprechend anderen ehemaligen Arbeiterquartieren einen hohen Transferleistungsstatus aufweist. Aufgrund dieser sozialstrukturellen Zuordnungen differiert das Wahlverhalten zwischen einem Quartier mit einem hohen sozialen Status wie St. Magnus und den Gebieten mit einem hohen Transferleistungsstatus bzw. einer Zugehörigkeit zum WiN-Programm.


Bremen im Vergleich


Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 am 22. September kann ein Blick auf die Zahlen der letzten Wahl einiges über die Besonderheiten des Wahlverhaltens der Bremerinnen und Bremer zeigen, was sich möglicherweise auch am kommenden Wahltag bestätigen wird.

Vergleicht man die damaligen Ergebnisse einiger westdeutscher Großstädte, zeigt sich Bremen als eine Hochburg von SPD und vor allem der Linken, während die beiden sogenannten bürgerlichen Parteien, also CDU und FDP, hier trotz ihres deutlichen Wahlerfolgs in Deutschland insgesamt sehr schwach abschnitten.

Die Grünen brachten es in einer ihrer früheren Hochburgen hingegen nur auf ein eher durchschnittliches Resultat, was möglicherweise mit dem hohen Anteil der Linken vor vier Jahren zusammenhängt.


Zweitstimmenanteile in der Bundestagswahl 2009 in westdeutschen Großstädten in %


Stadt
CDU
SPD
FDP
Linke
Grüne
Hamburg
27,9
27,4
13,2
11,2
15,6
Hannover
25,4
30,5
12,2
10,0
16,2
Oldenburg
25,0
27,5
12,9
11,2
18,2
Dortmund
24,4
34,3
11,7
11,2
12,4
Stuttgart
28,5
19,8
18,4
7,8
20,1
Bremen
23,7
29,9
10,7
14,1
16,1


Diese Schwäche der Parteien der schwarzgelben Bundesregierung in Bremen wird durch einen Vergleich mit dem deutschen Gesamtergebnis bestätigt. Allerdings erreichten die Grünen in Bremen deutlich mehr Stimmen als im Bundesgebiet, was vermutlich auf ihre schwächere Position in ländlichen Räumen und in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist.

Stimmenanteile der Parteien bei der Bundestagswahl 2009 in der Stadt Bremen und in Deutschland insgesamt (Zweitstimmen) in %


Partei
Bremen 2009
Deutschland 2009
Abweichung in Prozentpunkten
SPD
29,9
23,0
+6,9
CDU
23,7
33,8
-10,1
Grüne
16,1
10,7
+5,4
FDP
10,7
14,6
-3,9
Linke
14,1
11,9
+2,2
Piraten
2,4
2,0
+0,4


Im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 büßte die SPD als Juniorpartner der Partner der großen Koalition in Bremen sehr deutlich von 42,1% auf nicht einmal mehr 30 % ein, hatte also einen Verlust von 12,2-Prozentpunkten zu verkraften. Großer Sieger war die Linke mit einem Gewinn von 5,5 Prozentpunkten, während die Gewinnen von CDU, Grünen, FDP und Piraten zwischen 1 und knapp 3 Prozentpunkten lagen (Wayand).

Damit war und blieb Bremen eine Hochburg für SPD, Grüne und Linke.



Die Bedeutung von Alter und Geschlecht in Bremen


Einen tieferen Blick in die Wählerstrukturen der Parteien erlaubt die repräsentative Wahlstatistik, die in ausgewählten Stimmbezirken eine nach Geschlecht und Altersgruppen differenzierte Stimmabgabe auswertet.

Beim Geschlecht bestanden in Bremen deutliche Unterschiede, da die CDU, die Grünen und die SPD unter den Frauen einen höheren Anteil als unter den Männern erreichten. Umgekehrt sah es bei der Linken und vor allem den kleinen Parteien aus, denen Männern fast doppelt so häufig ihre Stimmen gaben wie Frauen. Bei der FDP gab es hingegen kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.


Parteipräferenzen (in %) nach dem Geschlecht 2009 in Bremen und in den alten Bundesländern



Partei
Männer (HB)
Frauen (HB)
Männer  (Bund alt)
Frauen (Bund alt)
SPD
29,7
31,4
30,0
29,2
CDU/CSU
20,7
25,0
39,7
42,2
Grüne
14,1
17,1
8,3
11,2
Linke
16,4
12,0
8,4
6,2
FDP
10,7
10,2
10,2
9,3
Sonstige
8,4
4,3
3,3
2,0
Quelle: Habig, S. 36 und Der Bundeswahlleiter (Hg.), S. 60.


Besonders deutliche Unterschiede bestanden 2009 beim Alter, wo sich das Wahlverhalten der über 60-jährigen sehr deutlich von dem der jüngeren Wähler unterscheidet.



Parteipräferenzen (in %) nach dem Alter 2009 in Bremen


Partei
18 – 25 Jahre
25 – 35 Jahre
35 – 45 Jahre
45 – 60 Jahre
60 und mehr Jahre
SPD
23,2
25,7
28,7
27,9
37,6
CDU
17,2
18,2
16,3
18,8
32,9
Grüne
22,8
22,2
22,3
17,4
6,4
Linke
14,7
11,7
15,2
21,2
8,8
FDP
9,6
12,9
9,9
9,8
10,4
Sonstige
12,3
9,4
7,5
5,0
3,9



Generell waren damit vor allem die SPD und noch erheblich ausgeprägter die CDU Seniorenparteien, die in der oberen Altersgruppe 10%-Prozentpunkte und mehr Wähleranteile erzielten als unter den Jüngeren. Spiegelbildlich sieht die Altersstruktur der Grünen aus, während die Linke vor allem unter den 45-60-jähigen besonders viele Wähler hatte, denn hier lag sie in Bremen sogar noch vor der CDU und den Grünen.


Parteipräferenzen (in %) nach dem Alter 2009 in den alten Bundesländern



Partei
18 – 25 Jahre
25 – 35 Jahre
35 – 45 Jahre
45 – 60 Jahre
60 und mehr Jahre
SPD
27,7
24,9
27,8
31,4
31,1
CDU/ CSU
33,1
37,9
36,8
35,3
50,4
Grüne
 14,7
13,0
13,5
11,6
4,3
Linke
7,7
7,7
7,5
9,4
5,0
FDP
11,2
12,3
11,1
9,7
7,8
Sonstige
4,7
4,2
3,3
2,5
1,4

Quelle: Der Bundeswahlleiter, S. 90.


Noch größere Abweichungen vom Durchschnittsergebnis bestehen für einige demografische Kombinationen aus Alter und Geschlecht. So erreichten die Grünen bei jungen Frauen sogar 28,1 % und damit mehr als jede andere Partei. Die Linke war hingegen bei den 45 – 60-jährigen Männern mit 24,2 % besonders erfolgreich und wurde damit in dieser Gruppe zweitstärkste Partei hinter der SPD.

Diese extremen Werte für diese beiden demographischen Gruppen findet man zwar auch in den westliche Bundesländern insgesamt, jedoch deutlich abgeschwächt; denn unter den junge Frauen erhielten die Grünen 17,4 %, während die Linke unter den 45-60-jährigen Männer zwar ihren höchsten Anteil erzielte, der aber bei weniger dramatischen 10,8% lag.


Die Bremer Hochburgen der Parteien


Noch größere Unterschiede zeigten sich bei einer räumlichen Differenzierung nach Ortsteilen, da sich hier die segregierte Sozialstruktur der Quartiere auswirkte. So erzielte die CDU in Oberneuland 41,5 % und lag damit noch höher als die SPD in ihrer Hochburg Grohn, wo sie 39,9 % erreichte.



Die Sozialräume der Wahlanalyse der Bremer Statistiker


Die sozialräumlichen Hintergründe dieser krassen Abweichungen vom Bremer Gesamtergebnis lassen sich durch einen Blick auf verschiedene Quartierstypen erläutern. Die amtliche Statistik unterscheidet dabei in ihrer Analyse der Ergebnisse der Bundestagswahl 2009 in Bremen sechs Wohngebietstypen, die nach einem nicht näher erläuterten Sozial-, Familie- und Bauindex als Grundlage ermittelt wurden. Dabei wurden beim zentralen Sozialindex vor allem Indikatoren für das Einkommen einschließlich der Transferleistungen, die Bildung und den Migrationshintergrund berücksichtigt.
Bei der Ermittlung von sechs Gebietstypen wurde anschließend zwischen jeweils drei Quartieren mit hoher und niedriger Wahlbeteiligung unterschieden. 

Zum Ergebnis stellt der Autor fest, dass es sich bei den gefundenen Wohngebietstypen um „Zusammenfassungen von Ortsteilen“ handelt, „die nach bestimmten sozialstrukturellen Merkmalen ähnlich sind und in denen nach den Erfahrungen früherer Wahlen ein etwa gleichartiges Wahlverhalten eingetreten ist.“ (Schlichting, S. 19)


Wahlanalytische Gebietstypen der Bremer Statistiker 2009

Wohngebietstyp
Ortsteile
Traditionell bürgerliche Wohngebiete
Borgfeld, Oberneuland, Bürgerpark, Schwachhausen, Barkhof, Gete, Radio Bremen, Neu-Schwachhausen, Horn
Bürgerliche Mitte
St. Magnus, Lesum, Lehe, Lehesterdeich, Grolland, Weidedamm, Habenhausen
Alternativ-urbane Wohngebiete
Ostertor, Steintor, Fesenfeld, Peterswerder
Mischgebiete mit Mehrproblemlagen
Lüssum, Blumenthal, Grohn, Burgdamm, Mittelhuchting, Hemelingen, Kattenturm, Sodenmatt
Ehemalige Hafen- und Produktionsarbeitergebiete
Oslebshausen, Ohlenhof, Gröpelingen, Lindenhof
Großsiedlungen
Neue Vahr Nord, Neue Vahr Südwest, Neue Vahr Südost, Blockdiek, Tenever
Quelle: Schlichting, S. 19

In ihrer Analyse der Bundestagswahl 2009 gehen die Statistiker vor allem auf die Veräderungen des Wahlverhaltens in den einzelnen Gebietstypen ein. Dabei stellen sie in den traditionell bürgerlichen Wohngebieten mit ihrer hohen Wahlbeteiligung und ihren weit überdurchschnittlichen Anteilen von CDU und FDP deutliche Gewinne der Grünen zulasten der SPD heraus.

In den Ortsteilen der Bürgerliche Mitte, in denen „der statusorientierte moderne Mainstream wie auch die moderne Dienstleistungselite mit einem vergleichsweise hohen Anteil Angestellter lebt“, hat 2009 die SPD sehr stark an die Grünen, aber auch die Linke verloren. Es ist es also zu deutlichen Verschiebungen innerhalb des linken Lagers gekommen. Eine derartige Kompensation hat es im anderen Lager hingegen nicht für die CDU-Verluste in den beiden „bürgerlichen“ Gebietstypen gegeben.


Für die alternativ-urbanen Wohngebiete, die wie die beiden bürgerlichen Gebietstypen eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung aufweisen, stellt Schlichting eine grundlegende Änderung der Sozialstruktur in den letzten Jahrzehnten fest, da hier „bis in die 80er Jahre noch bedeutende Teile des konservativ-ständischen Mittelstandes (Kaufleute und Handwerker)“ lebten. Als die Handwerksbetriebe aufgegeben oder in die Gewerbegebiete an den Stadtrand verlagert wurde, zogen junge Menschen mit „völlig anderen Mileuzugehörigkeiten und anderem Habitus“ in den leeren Wohnraum. Viele dieser ehemaligen Studenten „mutierten“ hier zur „progressiven Bildungselite“, wodurch sich diese Quartiere gegenüber den beiden bürgerlichen durch niedrigere Durchschnittseinkommen und einen höheren Akademikeranteil unterscheiden. 

Parallel zu diesem Wandel der Sozialstruktur änderten sich die Wähleranteile der Parteien. So verloren die bürgerlichen Parteien CDU und FDP deutlich und die SPD schwächer, während die Grünen hier ihre absoluten Hochburgen aufbauen konnten. Sehr erfolgreich war 2009 auch die Linke in diesem Gebietstyp, sodass das linke Lager insgesamt fast 60% der Wähler für sich gewinnen konnte.

In den Mischlagen mit Mehrproblemlagen führten Verluste an industriellen und gewerblichen Arbeitplätzen zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit, was vor allem in den Teilbereichen mit Hochhäusern zu einer verstärkten Zuwanderung von Migranten und Aussiedlern beitrug. Hier haben zuletzt die Grünen moderat und die Linke etwas deutlicher zulegen können, während die SPD, CDU und FDP mehr oder weniger stark verloren haben.

Relativ klare Strukturen weisen die ehemaligen Hafen- und Produktionsarbeiterbezirke auf, die sich ausschließlich auf den Bremer Westen konzentrieren. Ausgelöst durch die Werftenkrise stieg in diesen klassischen Arbeiterquartieren die Arbeitslosigkeit, da nicht genügend Ersatzarbeitsplätze entstanden. Eine Reaktion auf diese Arbeitsmarktsituation war die starke Zuwanderung von Migranten, die hier inzwischen ihren höchsten Anteil von ganz Bremen besitzen. Gewinner in dieser Situation waren unter den Parteien vor allem die Linke und weniger die Grünen, vor allem jedoch die „Partei“ der Nichtwähler.

Eine ähnliche Entwicklung weisen die Großsiedlungen auf, wobei hier der Anteil von Aussiedlern aus den Plattenbausiedlungen Osteuropas relativ hoch ist. Das Milieu der ursprünglich gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft hat sich hier im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels in ein „traditionsloses Arbeitermilieu mit ungelernter und unstetiger Beschäftigung“ gewandelt, das „zur Entsolidarisierung und in Einzelfällen zur Orientierungslosigkeit“ führte. Aufgrund des vergleichsweise niedrigen Mietpreisniveaus erfolgt in diesen Quartieren inzwischen eine wachsende Konzentration von Hartz IV-Empfängern.


In den letzten Wahlen stieg hier wie in den traditionellen Arbeitervierteln die Zahl der Nichtwähler an, während die Grünen nur sehr leicht und die Linke stärker an Boden gewinnen konnten. Verluste hatten SPD, CDU und FDP zu verzeichnen, wobei sich die CDU bisher vor allem auf die Aussiedler als treue Wähler stützen konnte.


Insgesamt stellt diese Analyse die große Bedeutung der Mobilisierung der eigenen Anhänger als wichtigen Faktor des Wahlverhaltens heraus, der in benachteiligten Gebieten deutlich schlechter gelingt als in den bürgerlichen Vierteln. Das erklärt zu einem großen Teil die insgesamt hohen SPD-Verluste 2009, als die SPD durch ihre Beteiligung an der Großen Koalition an eigenem Profil verloren hatte. Daher kann es nicht überraschen, dass die Linke gleichzeitig zahlreiche ehemalige SPD-Wähler für sich gewinnen konnte.



Eine sozialräumliche Analyse des Bremer Wahlergebnisses



Diese Gebietstypen der Bremer Statistik wurden nicht aus dem Modell der Sozialraumanalyse abgeleitet, sondern empirisch nach sozialstrukturellen Merkmalen und der Höhe der Wahlbeteiligung bestimmt. Es handelt sich bei den betrachteten Wohngebietstypen weniger um Sozialräume im klassischen Sinne des Begriffs, sondern stärker um Quartiere mit ähnlichen Mustern des Wahlverhaltens.

Wenn man sich strenger an dem Modell der Sozialraumanalyse orientiert, kommt man daher zu einer Reihe ergänzender Aussagen, auch wenn, wie sich in vielen Fällen zeigen wird, deutliche Überschneidungen ergeben, die das sozialräumliche Modell und seine Bedeutung für eine Analyse des Wahlverhaltens bestätigen.

Um zu präzisen Ergebnissen für die verschiedenen Sozialräume zu gelangen, wurden jeweils für jeden Typ die fünf Ortsteile ausgewählt, die die fünf höchsten Werte für den Leitindikator besitzen.

Damit Mehrfachzuordnungen vermieden werden, die vor allem mit dem Transferleistungsstatus verbunden sind und die eine klare Charakterisierung erschweren, wurden in den Einzelauswertungen, die sich nicht auf die WiN-Gebiete bzw. die Quartiere mit einem hohen Transferzahlungsstatus beziehen, diese Ortsteile ausgeschlossen. Das gilt etwa für Tenever, das nicht nur einen hohen Anteil von Transferleistungsempfängern aufweist, sondern auch viele Kinder.


Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht über die durchschnittlichen Parteianteile in den verschiedenen Gebietstypen. Dabei lassen sich für die Parteien deutliche sozialräumliche Profile erkennen, wobei die beiden großen Parteien SPD und CDU keineswegs komplementäre Verteilungsmuster aufweisen. 

Während die SPD als ehemalige Arbeiterpartei ihre Hochburgen weiterhin in den Gebieten mit niedrigem sozialen Status und zwar vor allem in den WiN-Gebieten hat, zeigen sich bei der CDU starke Unterschiede nach dem familialen Status der Sozialräume. So hat die CDU mit 33,3 % ihren höchsten Wähleranteil in Gebieten mit einem hohen familialen Status, also in Quartieren, in denen es relativ viele deutsche Kinder unter 18 Jahren leben. Einen weiterer Schwerpunkt der Christdemokraten bilden Quartiere mit einem niedrigen Ausländerstatus sind.

Der familale Status hat auch für die Grünen eine erhebliche Bedeutung, da sie in Quartieren besonders hohe Wähleranteile erzielen, in denen viele Single-Haushalte leben, für die also ein anderer Aspekt eines niedrigen familalen Staus typisch ist.

In diesem Sozialraum ist auch die Linke besonders stark, allerdings mit einem nur geringfügig höheren Wert als in den ehemaligen Arbeiterquartieren und den WiN-Gebieten.

Die FDP schließlich erzielte bei der Bundestagswahl 2009 ihren höchsten Anteil in den Gebieten mit einem hohen sozialen Status.



Das Wahlverhalten in verschiedenen Sozialraumtypen (Bundestagswahl 2009)

Abgegebene gültige Stimmen für .. in %
 


Sozialräume
Beispiele in HB-Nord
SPD
CDU
Grüne
FDP
Linke
WiN-Gebiete
Grohn, Lüssum 
36,0
20,7
10,3
7,7
18,4
Großsiedlungen
Grohn, Lüssum
33,6
26,1
9,0
8,7
16,7
Ehem. Arbeiterquartiere
(Blumenthal)
37,0
17,0
10,7
8,1
19,0







Hoher sozialer Status
St. Magnus
21,9
29,8
21,2
16,1
8,0
Niedriger sozialer Status
(Grohn)
30,2
18,1
16,5
8,4
20,0







Hoher familialer Status
(Blumenthal, Grohn)
28,6
33,3
10,1
14,3
9,6
Niedriger familialer Status
-
24,7
22,2
20,4
11,5
14,5
Viele Single-Haushalte
-
24,0
14,6
28,9
7,2
19,1
Viele alte Menschen
Lesum, St. Magnus
33,2
25,5
13,2
9,7
14,0







Hoher Ausländerstatus
Grohn
28,5
21,2
17,6
10,3
16,1
Niedriger Ausländerstatus
Farge, Lesum, Rekum, Rönnebeck, St. Magnus
29,4
31,8
12,1
12,6
10,2
(): Die Zuordnung ist nicht stark ausgeprägt.


Die SPD als WiN-Partei



Da in Bremen der Begriff der WiN-Gebiete das zentrale Etikett von Ortsteilen ist, in denen etwa 40 % der Einwohner leben, wird diese Kategorie auch hier verwendet, obwohl sie nicht zum Vokabular der Sozialraumanalyse zählt. Allerdings ist diese Eigenschaft weitgehend mit dem Transferleistungsindex identisch, um den die klassische Sozialraumanalyse ohnehin wegen der Auswirkungen der Globalisierungsfolgen auf die städtische Sozialstruktur ergänzt werden muss.


Anteil der Zweitstimmen in der BW 2009 in WiN-Gebieten


WiN-Gebiet
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Gröpelingen
38,7
15,9
11,3
7,8
18,5
Tenever
32,3
29,5
9,0
8,1
15,9
Ohlenhof
37,0
16,7
10,8
7,2
20,2
Neue Vahr Nord
33,7
25,4
9,3
8,9
16,6
Lindenhof
38,5
16,0
11,1
6,5
20,6
Durchschnitt
36,0
20,7
10,3
7,7
18,4
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2



Nach dem aktuellen Stand des WiN-Pogramms lassen sich aufgrund der Geschichte dieses Förderprojektes und damit auch der Bewohner zwei Kategorien unterscheiden, und zwar die Großsiedlungen, die zunächst nur Gegenstand dieser städtebaulichen Fördermaßnahmen waren, und die ehemaligen Arbeitergebiete, in denen inzwischen ähnlich hohe Anteile von Transferleistungsempfängern und Ausländern leben. Jedoch bestehen trotz dieser sozialstrukturellen Ähnlichkeit weiterhin Unterschiede im Wahlverhalten, wie die folgenden Tabellen zeigen, in denen jeweils die Durchschnitte von fünf Großsiedlungen und fünf ehemaligen Arbeiterquartieren betrachtet werden. 


Generell sind in die WiN-Gebieten die SPD und die Linke überdurchschnittlich stark. Allerdings mit deutlichen Unterschieden zwischen den beiden Untertypen. So ist beispielsweise in den ehemaligen Arbeitervierteln Gröpelingen, Ohlenhof und Lindenhof die Linke die zweitstärkste Partei hinter der SPD. Das sieht in den WiN-Gebieten anders aus, die als Großsiedlungen entstanden sind. Hier ist die Linke durchgängig schwächer, liegt aber noch leicht über dem Bremer Durchschnitt. 



WiN-Gebiet in Großsiedlungen (nach Stat. Landesamt)

Ortsteil
SPD
CDU
Grüne
FDP
Linke
Neue Vahr Nord
33,7
25,4
9,3
8,9
16,6
Neue Vahr Südwest
32,0 
26,2 
8,6 
10,4 
16,6 
Neue Vahr Südost
33,3 
24,8 
9,9 
8,5 
17,8 
Blockdiek
36,8 
24,7 
8,1 
7,8 
16,4 
Tenever
32,3
29,5
9,0
8,1
15,9
Durchschnitt
33,6
26,1
9,0
8,7
16,7
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2




Quantitativ springt vor allem der Unterschied bei den CDU-Anteilen ins Auge, der in den Großsiedlungen fast 10 Prozentpunkte über dem in den ehemaligen Arbeiterquartieren liegt. Entsprechend sind hier die SPD und die Linke deutlich schwächer, während es für die Grünen und die FDP keine wesentlichen Unterschiede gibt. 





WiN-Gebiete in ehemaligen Arbeiterquartieren


Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Oslebshausen
39,2
14,4
8,4
8,7
18,2
Ohlenhof
37,0
16,7
10,8
7,2
20,2
Gröpelingen
38,7
15,9
11,3
7,8
18,5
Lindenhof
38,5
16,0
11,1
6,5
20,6
Hemelingen
 31,7
21,9
12,0
10,1
17,7
Durchschnitt
37,0
17,0
10,7
8,1
19,0
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2



Der soziale Status 





Wegen der hohen ökologischen Korrelationen zwischen dem sozialen und dem Transferleistungsstatus lassen sich nur wenige Bremer Quartiere mit einem niedrigen sozialen Staus finden, die keine WiN-Gebiete sind. Generell gingen vor allem durch das Werftsterben in den ehemaligen Arbeitervierteln viele Arbeitsplätze verloren, die nicht ersetzt werden konnten, sodass aus sozial intakten Quartieren benachteiligte Gebiete geworden sind, die jetzt durch WiN-Mittel gefördert werden. 


Von diesen Globalisierungsfolgen sind die Gebiete mit einem hohen sozialen Status, der hier am Anteil der Gymnasiasten festgemacht ist, kaum betroffen. Hier erzielen erwartungsgemäß die bürgerlichen Parteien Ergebnisse, die über dem Bremer Durchschnitt liegen. Bemerkenswert ist jedoch auch der Anteil der Grünen, die insgesamt fast den Anteil der SPD erreichen und in Ortsteilen wie Bürgerpark, Barkhof und Gete sogar sehr deutlich vor den Sozialdemokraten liegen. 



Gebiete mit einem hohen sozialen Status (Gymnasiastenanteil)


Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Bürgerpark
18,6
30,6
23,7
17,1
7,3
Borgfeld
24,1
35,3
14,8
17,5
5,7
Barkhof
22,6
22,8
25,7
14,5
10,9
Gete
22,3
26,1
24,4
14,1
9,6
Radio Bremen
21,9
 34,3
17,5
17,2
6,7
Durchschnitt
21,9
29,8
21,2
16,1
8,0
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2




In den seltenen Bremer Quartieren mit einem niedrigen sozialen Status, die keine WiN-Gebiete sind, fällt der hohe Anteil der Linken auf, die hier hinter der SPD auf Rang zwei liegt und damit deutlich stärker über dem Bremer Durchschnitt liegt als jede andere Partei. 







Sozialräume mit einem niedrigen sozialen Status (ohne WiN-Gebiete)

Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Osterfeuerberg
32,6
14,4
15,9
7,7
21,8
Hohweg
32,8
22,6
9,8
6,6
23,7
Westend
30,5
15,9
18,9
8,2
18,8
Alte Neustadt
24,6
19,9
20,8
11,0
16,1
Walle
30,3
17,8
17,2
8,7
19,4
Durchschnitt
30,2
18,1
16,5
8,4
20,0
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2



Der familiale Status


Auch wenn in WiN-Gebieten der familalen Status vor allem aufgrund der Kinderzahl überdurchschnittlich hoch ist, bleibt dieser sozialräumliche Verteilungsfaktor relativ unabhängig vom Transferleistungsstatus. 



Um verschiedene Aspekte des familalen Staus zu erfassen, wurden mehrere Leitindikatoren betrachtet. Dabei steht der Anteil der Kinder für einen hohen familialen Status, während der Anteil der Single-Haushalte, von älteren Menschen und nicht zuletzt auch von wenigen Kindern und Jugendlichen einen niedrigen familalen Status repräsentieren. 





Hoher familialer Status



In den Ortsteilen, die einen hohen familalen Status besitzen ohne gleichzeitig zum WiN-Programm zu zählen, war 2009 die CDU bei den Wählen besonders erfolgreich. Ihr Anteil lag in diesem Sozialraumtyp fast 10 Prozentpunkte über dem Bremer Durchschnitt. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, war die Tendenz für die FDP, während die anderen größeren Parteien, also SPD, Grüne und Linke, nur unterdurchschnittliche Wähleranteile erreichten. 


Wähleranteil in Ortsteilen mit einem hohen familialen Status in %
Ortsteile
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Borgfeld
24,1
35,3
14,8
17,5
5,7
Arsten
35,9
25,9
10,6
11,4
11,5
Seehausen
27,5
36,3
6,1
9,6
14,9
Mahndorf
35,9
27,5
8,8
11,6
10,7
Oberneuland
19,6
41,5
10,1
21,6
5,1
Durchschnitt
28,6
33,3
10,1
14,3
9,6
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2
  



Niedriger familialer Status





Deutlich komplexer sind die Ergebnisse für die drei betrachteten Teilaspekte eines niedrigen familalen Status. Nimmt man einen geringen Anteil von Kindern und Jugendlichen, also das exakte Pendant zum hohen familialen Status, zeigen sich deutliche Unterschiede gegenüber dem Bremer Durchschnitt nur für die SPD und die Grünen. Dabei sind in diesen Quartieren die Sozialdemokraten relativ schwach, wahrend die Öko-Partei überdurchschnittlich hohe Anteile erreicht. 





Wähleranteil in Ortsteilen mit einem niedrigen familialen Status in %


Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Altstadt
23,7 
24,7 
16,9 
14,7 
13,0 
Alte Neustadt
24,6 
19,9 
20,8 
11,0 
16,1 
Bahnhofsvorstadt
 26,5 
22,2 
18,7 
11,5 
15,2 
Hohentor
24,0
18,2
23,6
8,2
18,6
Lehe
24,5
26,2
22,2
12,3
9,6
Durchschnitt
24,7
22,2
20,4
11,5
14,5
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2


Diese Stärke der Grünen in Sozialräumen mit einem niedrigen familialen Status gilt noch ausgeprägter für einen anderen Indikator, und zwar den Anteil der Einpersonenhaushalte, wenn man sich dabei auf die Einwohner unter 65 Jahren konzentriert, also Single-Haushalte betrachtet, die diesen Status als Lebensstil präferieren und nicht durch den Tod eines Ehepartner in diese Situation gebracht wurden.


Dieser Zusammenhang zeigt sich auch in den ökologischen Korrelationen auf der Ebene von Ortsteilen zwischen dem Anteil der Grünen und dem Anteil der Einpersonenhaushalte sowie dem Anteil der Einwohner, die 65 Jahre und älter sind. So betrug bei der Bürgerschaftswahl 2011 dieser Zusammenhang bei den Single-Haushalten r = 0,76 und bei dem Anteil der Senioren r = -0,51. Mit anderen Worten erreichen die Grünen also in den Ortsteilen im Durchschnitt hohe Anteile, in denen wenige Senioren und viele Einpersonenhaushalte zu finden sind. 



Auf der Ebene der betroffenen Ortsteile, die weitgehend mit den alternativ-urbanen Wohngebieten der Bremer Statistik deckungsgleich sind, liegen in diesen Vierteln die Grünen, die hier teilweise einen Anteil von mehr als einem Drittel der Wähler erreichen, deutlich vor der SPD und vor der hier ebenfalls überdurchschnittlich starken Linken. Sehr schwach sind hingegen die schwarz-gelben Regierungsparteien, die in diesem Sozialraumtyp nur gut ein Fünftel der Wähler für sich gewinnen konnten. 


Wähleranteile in Single-Ortsteilen in %

Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Hohentor
24,0
18,2
23,6
8,2
18,6
Steintor
21,3
10,7
35,8
5,6
21,3
Ostertor
21,3
13,8
33,7
7,6
18,8
Südervorstadt
25,8
15,4
23,8
7,3
20,6
Findorff-Bürgerweide
27,8
14,7
27,4
7,4
16,1
Durchschnitt
24,0
14,6
28,9
7,2
19,1
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2


 Die Bremer CDU als Seniorenpartei 



Was bereits die repräsentative Wahlstatistik erwarten lässt, wird durch eine Auswertung der Ortsteilen mit einem hohen Anteil von Einwohnern über 65 Jahren bestätigt. In diesen Quartieren ist die CDU noch vor der SPD stärkste Partei. 


Wähleranteile in Ortsteilen mit einem hohem Anteil alter Menschen (ohne WiN-Gebiete) in %


Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Grolland
32,4 
26,4 
14,2 
10,8 
11,9 
Ellener Feld
35,2 
28,2 
10,3 
9,9 
11,2 
St. Magnus
27,7 
31,0 
14,4 
12,7 
9,9 
Gartenstadt Vahr
30,8
27,0
13,2
11,0
13,0
Horn
20,5
37,5
13,8
17,8
8,0
Durchschnitt
29,3
30,0
13,2
12,4
10,8
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2



Der Ausländerstatus 





Auch der Ausländerstatus als klassisches Merkmal vor allem für die Zuwanderung ethnischer Gruppen in US-amerikanische Großstädte, für die die ersten Sozialraumanalysen erfolgten, fällt in Bremen häufig mit der Ausweisung von WiN-Gebieten zusammen. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wobei sich möglicherweise die Sozialstruktur der Ausländer etwa in der Altstadt von der in Grohn oder in Tenever unterscheidet. 




Wähleranteile in Ortsteilen mit einem hohem Ausländeranteil (ohne WiN-Gebiete) in %

Ortsteil
SPD

CDU

Grüne
FDP
Linke
Altstadt
23,7
24,7 
16,9
14,7
13,0
Neuenland
31,4
24,8
13,7
8,4
16,0
Bahnhofsvorstadt
26,5
22,2
18,7
11,5
15,2
Huckelriede
30,5
18,3
20,0
8,5
17,6
Westend
30,5
15,9
18,9
8,2
18,8
Durchschnitt
28,5
21,2
17,6
10,3
16,1
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2


In diesen Quartieren mit einem hohen Ausländerstatus unterscheiden sich die Anteile der Parteien nur in einem relativ geringen Maß vom Bremer Durchschnitt. Ein bis zwei Prozentpunkte liegen hier die Linke und die Grünen über ihrem Gesamtbremer Wert, die SPD, CDU und FDP hingegen darunter. 


Die entgegengesetzten Abweichungsrichtungen, jedoch erheblich stärker ausgeprägt, findet man hingegen in den Ortsteilen mit einem niedrigen Ausländerstatus. Das gilt vor allem für die CDU, die in diesen Quartieren mit acht Prozentpunkten sehr deutlich von ihrem Bremer Durchschnitt abweicht und vor der SPD rangiert. 





Wähleranteile in Ortsteilen mit einem niedrigen Ausländeranteil (ohne WiN-Gebiete) in %
 
Ortsteile
SPD
CDU
Grüne
FDP
Linke
Grolland
32,4
26,4
14,2
10,8
11,9
Seehausen
27,5
36,3
6,1
9,6
14,9
Borgfeld
24,1
35,3
14,8
17,5
5,7
Habenhausen
35,1
29,9
10,8
12,2
8,5
St. Magnus
  27,7
31,0
14,4
12,7
 9,9
Durchschnitt
29,4
31,8
12,1
12,6
10,2
Bremen
29,8
23,7
16,2
10,7
14,2




Räumliche Zusammenhängen zwischen Wahldaten und Strukturmerkmalen





Diese sozialräumlichen Aussagen lassen sich durch ökologische Korrelationen zwischen Wahl- und Strukturdaten absichern, wie sie das Stat. Landesamt Bremen für Ortsteile anbietet. Bei dieser Berechnung wird die Stärke des Zusammenhangs zwischen verschiedenen Merkmalen für einzelne Gebietsteile einer Stadt ermittelt, also beispielsweise  die hier betrachteten Ortsteilet. Man kann also feststellen, ob der Anteil der SPD-Wähler in einem Ortsteil steigt, wenn in einem Gebiet relativ mehr Einwohner leben, die Hartz IV-Leistungen beziehen oder nicht. Der Wert für die ökologische Korrelation kann dabei zwischen + 1,0 und –1,0 schwanken. Im beiden Fällen würde ein vollständiger Zusammenhang bestehen, d.h. man könnte aufgrund eines Strukturmerkmals den Stimmenanteil mit 100%-iger Sicherheit vorhersagen. 



Das ist bei sozialen Zusammenhang jedoch praktisch nie der Fall, sodass vor allem Werte in dem Bereich zwischen den beiden Extremen betrachtet werden müssen. Negative Werte beziehen sich dabei auf Zusammenhänge, bei denen mit steigenden Daten für ein Merkmal die des anderen sinken.



Ökologische Korrelationen zwischen der Wahlbeteiligung und den Wähleranteilen der Parteien 2009 in % sowie Strukturmerkmalen 2012


Strukturmerkmal (in der Regel Anteilswerte in %)
SPD
CDU
Grüne
FDP
Linke
Wahlbe-teiligung
Unter 18-jährige (Anteil)
0,43
0,22
-0,54
0,10
-0,12
-0,24
18 – 65-jährige (Anteil)
-0,44
-0,47
0,64
-0,34
0,40
0,04
Über 65-jährige (Anteil)
0,26
0,41
-0,43
0,34
-0,41
0,09
Wohndauer der über 18-jährigen
0,26
0,22
-0,27
0,23
-0,31
0,23
Bevölkerung mit Migrationshintergrund
0,42
-0,19
-0,36
-0,34
0,41
-0,78
Umzüge je 100 Einwohner
-0,41
-0,37
0,53
-0,26
0,35
-0,09
Einpersonenhaushalte (Anteil)
0,43
-0,60
0,72
-0,26
0,39
0,02
Haushalte mit Kindern (Anteil)
0,38
0,39
-0,57
0,22
-0,29
-0,08
Sek I an Gymnasien (Anteil)
-0,59
0,58
0,24
0,75
-0,79
0,81
Arbeitslosenziffer
0,47
-0,52
-0,19
-0,51
0,61
-0,77
SGB II-Leistungen (Anteil)
0,58
-0,38
-0,38
-0,48
0,55
-0,84
Jahreseinkommen 2007
-0,59
0,53
0,25
0,68
-0,70
0,80
Einfamilienhäuser (Anteil)
0,31
0,37
-0,43
0,25
-0,36
0,23
Durchschnittliche Wohnungsgröße
-0,17
0,76
-0,30
0,58
-0,66
0,50




















Wie die markierten hohen Werte zeigen, bestätigen diese Korrelationskoeffizienten die Aussagen für die sozialräumlichen Typen. Exemplarisch soll das hier bei den Grünen überprüft werden, da viele Beobachter bei dieser Partei vermutlich abweichende Zusammenhänge erwarten. So bestanden 2009 die höchsten ökologischen Zusammenhänge mit Indikatoren für einen niedrigen familialen Status (viele Einpersonenhaushalte, wenige Haushalte mit Kindern, wenige Kinder und Jugendliche). Die Korrelation mit dem Ausländerstatus, für den hier der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund steht, war hingegen anders als bei der SPD und der Linken sogar negativ.





Quellen



Der Bundeswahlleiter (Hg.), Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009. Heft 4. Wahlbeteiligung und Stimmabgabe der Männer und Frauen nach Altersgruppen, Wiesbaden 2010. 


Habig, Markus, Wahlverhalten in der Stadt Bremen nach Alter und Geschlecht, Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik, in: Statistische Mitteilungen, Heft 112, Bremen 2009, S. 32 – 38.

Schlichting, Karl, Wahlverhalten in der Stadt Bremen nach Ortsteilen und ausgewählten Gebietstypen, in: Statistische Mitteilungen, Heft 112, Bremen 2009, S. 12 – 27. 

Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Bundestagswahl im Lande Bremen am 27. September 2009. Vorläufiges Wahlergebnis, in: Statistische Mitteilungen, Heft 112, Bremen 2009. 

Wayand, Jürgen, Wahlverhalten bei der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag im Lande Bremen. Zusammenfassung, in: Statistische Mitteilungen, Heft 112, Bremen 2009, S. 7 – 11. 




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